Reisevertrieb

Hochwasser: Reisebüros zwischen Verzweiflung und Hoffnung

Mit den Fluten wurde auch ein Auto durch die Schaufensterscheibe ins Reisebüro von Bernd Piel hereingespült

Mit den Fluten wurde auch ein Auto durch die Schaufensterscheibe ins Reisebüro von Bernd Piel hereingespült. Foto: privat

Am Freitag war das Auto, das in das Reisebüro hereingespült war, bereits weggeräumt

Am Freitag war das Auto, das in das Reisebüro hereingespült war, bereits weggeräumt. Foto: Bernd Piel

Das Alltours Reisecenter Wittlich wurde ebenfalls vom Hochwasser überflutet

Das Alltours Reisecenter Wittlich wurde ebenfalls vom Hochwasser überflutet. Foto: Henrike Kammerer

Auf das Team vom Alltours Reisecenter in Wittlich warten jede Menge Aufräumarbeiten. Auch ein vierbeiniger Gast macht sich ein Bild von der Situation vor Ort

Auf das Team vom Alltours Reisecenter in Wittlich warten jede Menge Aufräumarbeiten. Auch ein vierbeiniger Gast macht sich ein Bild von der Situation vor Ort. Foto: Henrike Kammerer

Henrike Kammerer und ihre Kolleginnen vom Alltours Reisecenter Wittlich geben nicht auf

Henrike Kammerer und ihre Kolleginnen vom Alltours Reisecenter Wittlich geben nicht auf. Foto: Henrike Kammerer

Es ist ein Bild der Verwüstung: Massen von Schlamm im Innern des Reisebüros, zerstörte Schreibtische und Regale, herausgespülte Bodenfliesen, ein Auto, das durch die Schaufensterscheibe hereingespült wurde. Die aktuelle Hochwasser-Katastrophe hat das Reisebüro von Bernd Piel in Stolberg in Nordrhein-Westfalen schwer getroffen. Seit 1978 betreibt der heute 60-Jährige seine Agentur. So etwas habe er noch nie erlebt, sagt er. „Ich stehe vor den Trümmern meiner Existenz.“ 

Die Wassermassen kamen am Mittwochnachmittag, 30 Minuten nachdem der Reisebüro-Inhaber seinen Rechner heruntergefahren hatte. „Ich hatte gerade Feierabend gemacht und war auf dem Weg nach Hause, als meine Nachbarin anrief: ,Piel, komm zurück. Das Wasser ist da`, hat sie gesagt.“ 

Piel kehrte um, musste sein Auto etwas entfernt von seinem Reisebüro abstellen und watete mit Gummistiefeln durch die Wassermassen. Was ihn vor Ort erwarten sollte, habe er nicht erahnen können. „Wir waren ja in den Tagen zuvor nur vor Wasser im Keller gewarnt worden. Mit solch einer gewaltigen Katastrophe hat niemand rechnen können“, berichtet der Reisebüro-Inhaber am Telefon. 

Reisebüro-Inhaber Bernd Piel: „Das ist ein Albtraum“

Der Schock und die Fassungslosigkeit sind dem Reiseexperten auch anderthalb Tage nach dem Unglück deutlich anzumerken. „Das ist ein Albtraum“, sagt er. Solche Bilder habe er bislang nur aus dem Fernsehen gekannt. Ganz Stolberg sei verwüstet, Straßen zerstört, Häuser beschädigt. „Und dann sind da auch noch Plünderer, die Lebensmittelgeschäfte ausräumen wollen. Das ist unfassbar.“ 

Wie es für ihn und sein Reisebüro weitergeht, sei völlig unklar, sagt Bernd Piel. Er versuche, von zu Hause aus zu arbeiten. „Aber wir haben derzeit kein Internet.“ Sein Vermieter sei noch im Urlaub. „Wie groß der Schaden ist, ist überhaupt nicht abzuschätzen. Aber ich gehe davon aus, dass alles zerstört ist. Einrichtung, Technik, einfach alles“, sagt der Reiseexperte, der Mitglied der Kooperation Alpha/RTK ist. 

Die Kooperation hat wie weitere Unternehmen angekündigt, die Betroffenen zu unterstützen. Wer Bernd Piel helfen möchte kann sich per E-Mail an ihn wenden.  

Alltours Reisecenter: Ein Meter Wasser im Büro 

Auch rund 170 Kilometer weiter südlich im rheinland-pfälzischen Wittlich haben die Unwetter eine Schneise der Verwüstung hinterlassen. „Mehr als einen Meter hoch hat das Wasser in unserem Reisebüro gestanden“, berichtet Henrike Kammerer, Inhaberin des Alltours Reisecenters. 

Auch sie und ihre drei Kolleginnen wurden von der Gewalt der Unwetter überrascht. „Starke Regenfälle waren zwar angekündigt und wir haben noch versucht, Dinge auf die Schreibtische zu stellen und so zu verschonen“, so Kammerer. Aber das habe nicht funktioniert. Auch die Schreibtische wurden überflutet. 

Die Wassermassen haben die komplette Technik zerstört, die Telefonanlage funktioniert nicht mehr, ebenso wenig wie Computer, Drucker und Co. „Zum Glück habe ich noch ein Laptop retten können, auf dem die Firmensoftware ist“, sagt Kammerer. So könne sie dringende Kundenanfragen bearbeiten. „Allerdings funktioniert auch das W-Lan im Büro nicht und wir müssen nach anderen Lösungen suchen.“

„Retten, was zu retten ist“ 

Bereits am Donnerstag war das Reisebüro-Team dabei, aufzuräumen und die Schäden zu beseitigen. „Wir versuchen zu retten, was zu retten ist“, sagt Kammerer, die von einer Sache ganz besonders beeindruckt ist: „Die Solidarität der Menschen ist riesig“. Sie habe so viele Hilfsangebote erhalten. „Eine Kundin hat sich den Schrubber geschnappt und angefangen, zu putzen. Das ist wirklich rührend.“ 

Wie es weitergeht, bleibt abzuwarten. Alltours hat bereits Kontakt zu Henrike Kammerer aufgenommen und Hilfe angeboten. Und die Reisebüro-Chefin gibt sich kämpferisch. Sie und ihr Team haben Zettel mit der Aufschrift „Wir schaffen auch das“ im Schaufenster aufgehängt. Im September will sie mit ihrem Team 15 Jahre Alltours Reisecenter Wittlich feiern. 
 

Ute Fiedler
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