Auch wenn die Reiselust der Deutschen weiterhin ungebrochen ist, die Lücke zwischen der Anzahl der Reisenden und dem Umsatz sich weiter schließt, so steht die Touristikbranche doch weiter vor großen Herausforderungen. Das machte DRV-Präsident Norbert Fiebig in seiner Grundsatzrede vor den Teilnehmern des Hauptstadtkongresses einmal mehr deutlich.
Die Tagung findet derzeit in Berlin statt. Angekündigt haben sich zahlreiche Vertreter aus Politik, Wissenschaft und der Branche, die zu Themen wie Tourismus der Zukunft, Nachhaltigkeit sowie Novellierung der Pauschalreiserichtlinie und Fachkräftemangel diskutieren werden. Aber auch Sicherheitsthemen stehen auf der Agenda.
Rückblick auf erfolgreiches Touristikjahr
Fiebig verwies in seiner Rede auf globale Konflikte wie die Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten, die US-Wahlen und die schwache wirtschaftliche Lage Deutschlands. Trotz abflauender Inflation bleibe Deutschland das „Wachstums-Schlusslicht“ unter den Industrienationen, so der DRV-Präsident. Steigende Personalkosten und Entlassungen trügen zu einer gedämpften Konsumlaune bei. Auch wenn diese Entwicklung sich noch nicht beim Thema Urlaubsreisen zeige, so dürfe man nicht blauäugig sein, so Fiebig. „Sollten sich die negativen wirtschaftlichen Trends verfestigen, wird diese Entwicklung auch vor der Reisewirtschaft nicht Halt machen“, mahnte der Verbandschef, bevor er zu erfreulicheren Themen kam.
Trotz aller Herausforderungen blickt die krisenerprobte Branche auf ein erfolgreiches Touristikjahr zurück. Der Umsatz liege zwölf Prozent über Vorjahr und 21 Prozent über Vor-Corona. Zudem ist laut Fiebig die Anzahl der Reisenden um acht Prozent gestiegen. „Das sah vor einem Jahr noch ganz anders aus – da lagen noch 16 Prozentpunkte zwischen Umsatz und Pax-Entwicklung.“ Und auch der Marktanteil der organisierten Reise am Gesamtumsatz wachse und liege jetzt bei 48 Prozent. „Das zeigt: Die Deutschen setzen auf die Sicherheit der Pauschalreise“, schwenkte Fiebig zu einem weiteren Thema, das die Branche derzeit umtreibt: die Novellierung der Pauschalreiserichtlinie.
DRV-Präsident bedauert TUI-Austritt
Norbert Fiebig machte einmal mehr deutlich, dass die vorliegende Fassung „bei Weitem“ nicht akzeptabel sei – weder für Reisebüros noch für Reiseveranstalter. Zudem sprach er sich einmal mehr gegen die Absicherung von Einzelleistungen im Zuge der Novellierung der Pauschalreiserichtlinie aus. Für diese tritt neben dem VUSR unter anderem auch TUI ein. Diese unterschiedlichen Positionen haben laut Fiebig zum Austritt des Marktführers aus dem DRV beigetragen. „Das bedauern wir sehr und hoffen, dass diese Entscheidung nicht in Stein gemeißelt ist.“
Wie wichtig das Produkt Pauschalreise sei, habe auch die Insolvenz von FTI gezeigt. „Kein Pauschalreisegast wird sein Geld verlieren“, sagte Fiebig, der unter anderem die Arbeit des Deutschen Reisesicherungsfonds (DRSF) lobte. Der Erstattungsprozess laufe derzeit auf Hochtouren. „Eine bisher insgesamt beeindruckende Leistung. Aber auch eine beispielhafte Gemeinschaftsleistung der Branche – von Reiseveranstaltern und von Reisebüros“, sagte Fiebig. Er forderte, das Zusammenspiel zwischen DRSF und Reisebüros neu beziehungsweise anders zu definieren. Reisebüros müssten aktiv einbezogen werden.
Young Talents nehmen an Kongress teil
Ein weiteres Thema war der Fachkräftemangel, der die Branche weiterhin belastet. Zwar steigen die Ausbildungszahlen wieder, doch die Branche sei noch weit von ihren Zielen entfernt, so Fiebig. Erstmals beim Hauptstadtkongress dabei waren zahlreiche Nachwuchskräfte, die im Zuge einer Befragung ihre Wünsche geäußert hatten. Besonders wichtig sei ihnen eine persönliche Weiterentwicklung und Förderung, so Fiebig: „Die jungen Menschen wollen die Gelegenheit bekommen, sich zu beweisen. Sie wollen die Branche aktiv mitgestalten – insbesondere, wenn es um Nachhaltigkeit und verantwortungsvolles Reisen geht.“