Reisevertrieb

DRV-Tagung: Preisdruck, Klimaschutz, Fachkräftemangel

Engagierte Rede von Norbert Fiebig: Zum Auftakt der DRV-Tagung kam traditionell der Präsident zu Wort. Archivbild: DRV

Engagierte Rede von Norbert Fiebig: Zum Auftakt der DRV-Tagung kam traditionell der Präsident zu Wort. Archivbild: DRV

Die Deutschen haben ihre Reiselust wiedergewonnen, doch die Unsicherheit in der Tourismusbranche ist groß. „Inflation und explodierende Energiepreise sind Gift – für die Volkswirtschaft und für uns als Reisewirtschaft“, sagte Norbert Fiebig, Präsident des Deutschen Reiseverbands (DRV), zum Auftakt der Jahrestagung in Berlin.

„Mobilität muss bezahlbar bleiben“

Auf dem so genannten Hauptstadtkongress, der zweite Teil der Jahrestagung findet Anfang Dezember in Marokko statt, mahnte Fiebig deshalb einen verlässlichen Kurs der Politik an. Die Bundesregierung müsse dafür sorgen, „dass Energie und Mobilität auch für Durchschnittsverdiener bezahlbar bleibt“. Sollte die Politik dafür keine Lösung haben, „rutschen wir von der einen in die nächste Krise“, so Fiebig.

Sein Lösungsvorschlag an die Politik sind Maßnahmen zur Stimulierung der Konsumnachfrage: „Der Wille zum Verreisen ist da – die Politik darf die Nachfrage nicht abwürgen.“

Steigende Preise sorgen für Zurückhaltung

Gleichzeitig dürfe die Reisewirtschaft die Augen nicht vor den aktuellen Entwicklungen verschließen: „Steigende Kosten werden trotz aller Bemühungen der Reiseveranstalter teilweise zu steigenden Preisen führen, da geht perspektivisch kein Weg dran vorbei“, konstatierte der DRV-Präsident.

Reisebüros können davon schon ein Lied singen: Sie spüren die steigenden Preise und die wachsende Zurückhaltung einiger Kunden schon jetzt in ihrer täglichen Arbeit.

Topthemen Klimaschutz und Nachhaltigkeit

In Sachen Klimaschutz sieht Fiebig die Reisewirtschaft in der Pflicht und auf einem guten Weg. Die immer schneller voranschreitende Erderwärmung müsse zusätzlicher Ansporn sein. „Der Wettbewerb der Zukunft wird der Wettbewerb um das Vertrauen der Kunden sein – und dabei spielt der Klimaschutz eine immer gewichtigere Rolle.“ Die Reisewirtschaft habe bereits wichtige Weichen gestellt, jetzt müsse die Branche die Reisenden „noch stärker mitnehmen und sensibilisieren“.

Aus Sicht von Fiebig geht „Klimaschutz nur mit unseren Kundinnen und Kunden“. Wie das aussehen kann, zeigt unter anderem der aktuelle Globus Award von touristik aktuell, bei dem wie in den Vorjahren ein Reisebüro-Sonderpreis für Nachhaltigkeit und soziale Verantwortung ausgeschrieben ist. Partner dieses Awards ist der Rundreisespezialist G-Aventures.

Soziale Verantwortung der Touristik

Parallel zum Thema Nachhaltigkeit betonte der DRV-Präsident in seiner Grundsatzrede die soziale Verantwortung der Tourismusindustrie – auch in Richtung Politik: „Wir sind der mit Abstand schlag- und finanzkräftigste ‚Entwicklungshelfer‘. Tourismus ist der Jobmotor in Schwellen- und Entwicklungsländern.“

Der wirtschaftliche Effekt des Tourismusgeschäfts liege weit über den von allen Staaten der westlichen Welt bereitgestellten Entwicklungshilfegeldern. „Damit sind wir ein sehr starker Partner der Politik. Und das ist ein gutes Fundament – auch für die zuständigen politischen Entscheidungsträger“, so Fiebig.

In diesem Zusammenhang mahnt der frühere Top-Manager von Ameropa und DER Touristik einen engeren Schulterschluss zwischen Wirtschafts- und Entwicklungsministerium an. Sein Appell: Gemeinsam mit der Reisewirtschaft könne man noch weit mehr erreichen.

Sorgen um Fachkräftemangel

„Akut wie nie“ ist aus Sicht von Fiebig der Arbeits- und Fachkräftemangel. Laut einer aktuellen DRV-Umfrage haben über 70 Prozent der befragten Unternehmen der Reisewirtschaft Schwierigkeiten, offene Stellen zu besetzen.

Das sei umso dramatischer, „als engagierte Fachkräfte der entscheidende Erfolgsfaktor unseres Geschäftes sind. Das entscheidet über unsere Zukunft“.

Wichtig sei nun, die Abwanderung in andere Branchen umzukehren und junge Talente für die Reisewirtschaft zu gewinnen. Hierzu startet der DRV als Kooperationspartner die speziell für den Tourismus konzipierte Recruiting- und Employer-Branding-Lösung „Easyboarding“. Sie soll Unternehmen und Arbeitskräfte der Reisewirtschaft zusammenbringen.

Branche muss neue Wege gehen

Fiebigs Botschaft: „Wir haben es in der Hand, und wir müssen neue Wege gehen – offensiv und progressiv. Der Tourismus ist und bleibt weltweit eine der stärksten Branchen – mit viel Wachstumspotenzial.“

Darüber hinaus betonte der DRV-Präsident in seiner Rede, dass die Branche ihre Geschäftsmodelle weiterentwickeln müsse. „Der Erfolg aller Player im Markt hängt immer stärker auch von deren Innovationskraft ab“, verwies Fiebig auf das „konsequente Nutzen aller digitalen Möglichkeiten, die den Geschäftserfolg sinnvoll absichern und stärken“. Nur als „moderne und innovative Arbeitgeber“ erreiche die Tourismusbranche die Jugend.

Matthias Gürtler
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