Reisevertrieb

EU-Pauschalreiserichtlinie: Chancen und Belastungen

Fassade des Europäischen Parlaments in Brüssel mit dem EU-Logo und mehreren wehenden Flaggen der Mitgliedstaaten im Vordergrund.

Europäisches Parlament, Kommission und Rat haben sich auf neue Regelungen im Pauschalreiserecht geeinigt. Foto: Exclusive Lab

Nach langwierigen Verhandlungen haben sich der Rat und das Europäische Parlament vorläufig auf neue Richtlinien zur Pauschalreise geeinigt – mit einigen wesentlichen, sowohl positiven als auch negativen Änderungen, wie der DRV in einer ersten Bewertung mitteilt.

Die vielfach kritisierten verbundenen Reiseleistungen sind vom Tisch. Stattdessen soll es künftig eine klare Unterscheidung geben, wann eine Pauschalreise vorliegt und wann der Kunde Einzelleistungen bucht. Konkret bedeutet das, dass der Reisemittler den Kunden darüber informieren muss, dass keine Pauschalreise vorliegt, wenn dieser mehrere individuell gewünschte Reiseleistungen bucht und diese nicht gebündelt werden. „So bleibt die Vermittlung mehrerer Einzelleistungen künftig möglich – das ist für die Reisemittler ein positives Signal“, sagt DRV-Präsident Albin Loidl.

Storno: Umstände am Wohnort nicht maßgebend

Welche Folgen diese Änderung für Reisebüros haben wird, ist laut DRV noch nicht abschließend absehbar. Man müsse den genauen Wortlaut der Richtlinie abwarten.
Als positiv wertet der Verband zudem, dass Reisewarnungen weiterhin als wichtiges Indiz für das Vorliegen unvermeidbarer und außergewöhnlicher Umstände gelten. Allerdings bleiben die Umstände am Wohnort des Reisenden nicht maßgebend. Ausschlaggebend sind weiterhin die Umstände im Zielgebiet, am Abfahrtsort und während der Reise dorthin. „Es bleibt bei einer Einzelfallbetrachtung, wann unvermeidbare und außergewöhnliche Umstände vorliegen“, so der DRV.

Zudem wurde beschlossen, die Kriterien für eine Click-Through-Buchung auszuweiten, was insbesondere Online-Vermittler betreffen dürfte. Eine solche Buchung liegt laut DRV künftig bereits dann vor, wenn ein erster Anbieter einzelne persönliche Daten innerhalb von 24 Stunden an einen zweiten Anbieter weiterleitet. Während bisher die Übermittlung mehrerer Daten erforderlich war, genügt nun die Weitergabe eines einzigen der neu definierten Merkmale.

Informationspflichten werden ausgeweitet

Laut DRV birgt die Einigung jedoch auch einige Nachteile für touristische Unternehmen. So wurden die Informationspflichten ausgeweitet. Wie der Europäische Rat in einer Pressenotiz mitteilt, müssen Reisende künftig Informationen zu den verfügbaren Zahlungsmethoden, den relevanten Pass- und Visabestimmungen, der Barrierefreiheit für Personen mit eingeschränkter Mobilität sowie zu den Gebühren im Falle einer Stornierung erhalten. Die aktualisierte Richtlinie enthält zudem verbesserte Informationen für Reisende im Falle der Insolvenz des Veranstalters. Darüber hinaus sind Veranstalter verpflichtet, ein Beschwerdemanagementsystem einzurichten.

Kritik übt der Verband zudem daran, dass der Reisepreis weiterhin innerhalb von 14 Tagen nach einer Stornierung erstattet werden muss. Auch gebe es keine verpflichtende Gutscheinlösung. Zwar können Gutscheine angeboten werden, doch Kunden sind nicht verpflichtet, diese anzunehmen.

Gutschein-Lösung nicht verpflichtend

Laut Europäischem Rat müssen die Gutscheine mindestens den Wert der Rückerstattung haben, maximal zwölf Monate gültig und nur einmal übertragbar sein. Reisende müssen sie zudem zum Kauf einer oder mehrerer vom Unternehmer angebotener Reiseleistungen nutzen können. Gutscheine fallen laut Europäischen Rat unter den Insolvenzschutz.
Ist der Grund für die Annullierung einer Reise die Insolvenz des Reiseveranstalters, sollen Reisende laut Europäischem Rat und Parlament künftig innerhalb von maximal sechs Monaten eine Rückerstattung erhalten.

Auch kürzere Fristen sind möglich; diese müssen die Mitgliedstaaten festlegen. In begründeten Fällen kann die Frist auf neun Monate verlängert werden – etwa bei einer ungewöhnlich hohen Anzahl von Anträgen innerhalb kurzer Zeit oder wenn die Insolvenz Reisende aus mehreren Mitgliedstaaten betrifft.

Länder haben für Umsetzung 28 Monate Zeit

Bis die Änderungen umgesetzt werden, dürfte es noch etwas dauern. Die Regierungen der EU-Länder haben 28 Monate Zeit, die neue Pauschalreiserichtlinie in nationales Recht zu überführen. Zudem gilt eine sechsmonatige Übergangsfrist, bevor die neuen Regelungen angewendet werden müssen.

Ute Fiedler
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