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Reisevertrieb

Studie: Reisebüros schätzen Kundenwünsche teils falsch ein

Die Studie zeigt: Nicht immer stimmen die Erwartungen und Wahrnehmungen von Kunden und Reiseverkäufern überein

Die Studie zeigt: Nicht immer stimmen die Erwartungen und Wahrnehmungen von Kunden und Reiseverkäufern überein. Foto: South_agency/istockphoto

Wie sehen Kunden Reisebüros? Was ist ihnen wichtig? Und vor allem: Was denken Reisebüros, was ihren Kunden wichtig ist? Dass die Wahrnehmung beider Seiten zum Teil extrem unterschiedlich ist, zeigt eine aktuelle Studie unter der Führung des ASR-Verbands.

Für die Studie hat die Forschungsgemeinschaft der deutschen Tourismuswirtschaft eine Umfrage unter Reisebüros und deren Kunden durchgeführt. Dabei gaben Reisebüros eine Selbsteinschätzung zu ihrem Angebot sowie zum Nutzen ihres Service für die Kunden ab.

Darüber hinaus waren die Agenturen aufgerufen, einen speziell auf Verbraucher ausgerichteten Fragebogen an ihre Kunden weiterzuleiten. In den vergangenen Wochen beteiligten sich 280 Reisebüros und 750 Konsumenten.

Suchmaschinen und Social-Media spielen untergeordnete Rolle

Auf die Frage, wieso Kunden gerade ein spezielles Reisebüro aufsuchen, gaben mehr als zwei Drittel der Konsumenten an, dass für sie persönliche Empfehlungen von Freunden oder Bekannten eine sehr große Rolle spielen. Nach Einschätzung der Reisebüros sind Suchmaschinen bei der Reisebüro-Findung ebenso wichtig. Kunden schätzen diesen Punkt hingegen als untergeordnet ein. Das Gleiche gilt für Soziale Medien.

Unterschiedliche Wahrnehmungen gibt es auch bei den Beweggründen für einen Besuch im Reisebüro. Das Argument, die Welt sei unsicherer geworden und Reisebüros helfen, sich besser zurecht zu finden, unterstreichen 70 Prozent der Reiseverkäufer. Bei den Kunden heben gerade einmal 30 Prozent diese Antwortmöglichkeit hervor.

Die beliebtesten Kommunikationswege der Kunden sind der persönliche Besuch, Telefon und E-Mail. Diese Nennungen erfolgten von 70 bis 80 Prozent der Konsumenten. Mit den Reisebüro-Antworten deckt sich das nicht unbedingt: Sie nennen die erwähnten Kommunikationswege nur zu rund 50 Prozent und messen Online-Terminvereinbarungen und Messenger-Diensten eine größere Bedeutung zu.

Reaktionszeit schneller als vom Kunden erwartet

Zudem reagierten Reisebüros schneller als es der Kunde erwartet: Laut der Studie denken knapp 40 Prozent der Reisebüros, dass sie nach zwei bis drei Stunden auf eine Anfrage antworten müssen. Dabei gaben mehr als 60 Prozent der Kunden an, dass eine Reisebüro-Antwort innerhalb eines Arbeitstags genügt.

Und wie wollen Kunden über aktuelle Angebote informiert werden? Gut 80 Prozent bevorzugen den klassischen Newsletter per E-Mail. Auch hier unterscheidet sich die Wahrnehmung der Reisebüros. Nur 48 Prozent der Reisebüros nannten diese Antwort.

Kein Beratungsklau

Zudem ist die Sorge vor einem Beratungsklau laut den Studienmachern unbegründet. Denn rund 90 Prozent der Kunden, die sich im Reisebüro beraten lassen, buchen auch im stationären Vertrieb statt bei Online-Anbietern.

Darüber hinaus seien Kunden durchaus bereit, für Extra-Services zu bezahlen. Beispielhaft wurden Leistungen wie das Erledigen von Formalitäten, die Sitzplatzreservierung oder die Ausarbeitung individueller Reisen genannt.

Zudem seien Kunden beim Thema Nachhaltigkeit gewillt, Geld auszugeben. Besonders wichtig sind ihnen der faire Umgang mit Mitarbeitern und regionales Essen.

Ein Drittel weniger Reisebüros in fünf Jahren

Düstere Prognose: Nach den Studienergebnissen haben die Verantwortlichen folgende Kernaussage abgeleitet: Sie erwarten, dass in fünf Jahren die Zahl der Unternehmen im stationären Vertrieb um ein Drittel gesunken sein wird.

Trotz gesteigerter Reiselust würden sich die verschiedenen Reisearten sehr unterschiedlich entwickeln. „Wie es weitergeht, hängt zum Beispiel von der jeweiligen Pandemie-Lage sowie den Öffnungen in den Destinationen ab“, kommentiert Alexander Dingeldey von der Dualen Hochschule Baden-Württemberg in Ravensburg. Je nach Segment rechnet er mit einer Erholung in drei bis zehn Jahren. Besonders schwierig werde es für den Bereich Business Travel.

Um künftig zu bestehen, müsse der stationäre Vertrieb weiterhin auf seine Kernkompetenzen setzen. „Was Reisebüros auf keinen Fall automatisieren sollten, ist ihre Beratungsleistung“, fordert ASR-Vizepräsidentin Anke Budde. Zudem sollten sie erkennen, wie sehr Kunden bereit seien, für entsprechende Service-Leistungen zu zahlen.

Arne Hübner
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