Es ist ein außergewöhnlicher Fall, der derzeit die Branche beschäftigt. Sowohl TUI als auch Best-Reisen haben einen Reisebüro-Inhaber aus dem baden-württembergischen Hechingen abgemahnt, da der 72-Jährige, dessen Büro Mitglied bei Best-Reisen ist, unter anderem parteipolitische Werbung in seinem Reisebüro gemacht und bestimmten Wählergruppen Hausverbote erteilt hat.
In einem Schreiben an seine Mitglieder teilt Best-Reisen mit, dass man den rechtlichen Rahmen geprüft und ausgeschöpft habe, „insofern, als dass jegliche parteipolitische Meinungsäußerung unter oder im Zusammenhang mit der lizenzierten Marke Best-Reisen nicht gestattet ist.“ Man arbeite konsequent im Interesse aller Kooperationspartner daran, dass die Marke nicht zweckentfremdet und im Zusammenhang mit parteipolitischen Aktivitäten genutzt wird. Weiter bittet die Kooperation die Mitglieder um Zurückhaltung bei der Kommentierung dieses Vorfalls. „Eine ausufernde öffentliche Diskussion würde der Reisebranche unserer Meinung nach mehr schaden als nutzen.“
Reisebüro-Inhaber ist AfD-Mitglied
Die Brisanz in dem Fall, über den in den vergangenen Wochen zahlreiche Medien von Spiegel bis Zollern Alb Kurier berichtet hatten, liegt darin, dass der Reisebüro-Inhaber Parteimitglied der AfD und als Stadtrat aktiv ist. In der Vergangenheit hatte der Mann in den Schaufenstern seines Reisebüros Plakate aufgehängt mit Slogans wie „Grünwähler haben hier Haus-Verbot“. Darüber hinaus lagen in seinem Büro Flyer mit potenziell strafbaren Inhalten aus, die der Staatsschutz während einer Durchsuchung konfiszierte.
Wie die Staatsanwaltschaft Hechingen auf Anfrage von touristik aktuell mitteilte, waren auf den Flugblättern Inhalte zu lesen, mit „denen mehreren Mitgliedern der Bundesregierung (Bundeskanzler und Bundesminister) in ehrverletzender Weise schwere psychische Krankheiten vorgeworfen werden“. Seitdem sei gegen den Mann ein Verfahren wegen Beleidigung, übler Nachrede und Verleumdung gegen Personen des politischen Lebens (Paragraf 188 Strafgesetzbuch) anhängig. Mit einem Abschluss des Ermittlungsverfahrens könne im Laufe des Septembers gerechnet werden.
Einwohner wandten sich an TUI
In der Touristik schlug der Fall Wellen, als sich Einwohner von Hechingen an TUI wandten. Sie äußerten ihren Unmut darüber, dass das Reisebüro, das mit dem Logo des Veranstalters und „Best Travel“ wirbt, nun Werbung für die AfD mache und Hausverbote erteile. TUI mahnte daraufhin den Inhaber zweimal ab – wegen des Hausverbots und des Auslegens und Plakatierens von politischen Botschaften mit strafrechtlich relevanten Inhalten, wie ein Sprecher sagte. Zudem sei der Premium-Partner-Vertrag gekündigt worden, was bedeutet, dass der Touristiker das TUI-Leuchtlogo an der Fassade entfernen muss.
Der Inhaber zeigt sich im Gespräch mit touristik aktuell entspannt. Dann überklebe er das Logo, sagte er und fügt hinzu, dass er durch das mediale Interesse viele neue Kunden gewonnen habe. Sein Vorhaben, in seinem Reisebüro ein Wahlkreisbüro für die AfD einzurichten und einen Teil des Schaufensters für parteipolitische Werbung zur Verfügung zu stellen, habe er mittlerweile aufgegeben.
TUI kündigt an, das weitere Verhalten des Inhabers genau beobachten zu wollen. Kommt es zu einer dritten Abmahnung, bedeutet dies die Kündigung des Agenturvertrags.