Für die einen ist es Bahn-Nostalgie, für die anderen ein Baustein hin zu einer klimafreundlicheren Mobilität in Europa. Wie auch immer, fest steht: Reisen mit Nachtzügen ist wieder schwer im Kommen.
So befördern die Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB), die 2016 das Nachtzuggeschäft auf den deutschen Strecken von der Deutschen Bahn übernommen haben, in ihren „Nightjets“ inzwischen rund 1,5 Millionen Fahrgäste pro Jahr. „Wir erleben gerade einen Boom bei der Nachfrage. Die Züge sind gerade zu den Ferien praktisch ausgebucht“, sagt ein ÖBB-Sprecher.
Angebot mehr als verdoppelt
Das merken auch Vertriebspartner, die sich auf den Verkauf von Bahnreisen spezialisiert haben. „Die Nachfrage nimmt weiter zu“, berichtet etwa Peter Schneemann vom Berliner Reisebüro GBFR-Reisen. Allerdings sei das Angebot an Nachtzugverbindungen „bisher noch sehr dürftig“, sodass insbesondere kurzfristige Buchungswünsche oft nicht erfüllt werden könnten.
Dabei ist das Streckennetz in jüngerer Zeit deutlich aufgestockt worden. Laut einem Bericht von Tagesschau.de hat sich die Zahl der Angebote seit 2020 europaweit von rund 90 auf über 200 Verbindungen mehr als verdoppelt. Allein die DB, die sich nach ihrem Ausstieg auf die Kooperation mit Partnerbahnen verlegt hat, wies Ende 2022 fast 20 Strecken von und nach Deutschland aus.
Neben dem Ausbau seitens der staatlichen Bahnen kommen auch immer mehr private Anbieter ins Spiel. Bereits seit 2021 fährt zum Beispiel der schwedische Nachtzugbetreiber „Snälltarget“ von Berlin über Kopenhagen nach Stockholm. „Green City Trip“ aus den Niederlanden hat im April einen Nachtzug von Bad Bentheim in Nordwestdeutschland nach Dresden und Prag gestartet und seit Ende Mai rollen Schlaf- und Liegewagen vom ebenfalls holländischen Unternehmen „European Sleeper“ zwischen Berlin und Brüssel.
Zusammenarbeit könnte besser sein
Dass es dennoch nach wie vor große Lücken im Nachtzugnetz gibt, liegt nicht nur an Problemen, geeignetes Wagenmaterial zu bekommen, sondern vor allem an verkrusteten Strukturen in der europäischen Bahnlandschaft. Zu schaffen machen den Zuganbietern unter anderem Preise für die Trassennutzung, die in jedem Land anders berechnet werden.
Aber Kunden und dem Vertrieb wird es durch die Vielstaaterei ebenfalls nicht leicht gemacht, weil es den Bahngesellschaften auch nach Jahren nicht gelungen ist, einheitliche Buchungssysteme für grenzüberschreitende Zugverbindungen zu etablieren.
Immerhin: Angebotsseitig geht es weiter bergauf, allen voran bei der im Nachtzugverkehr gut aufgestellten ÖBB. „Wir planen, unser Netz kontinuierlich auszubauen. Auch im kommenden Jahr sind neue Verbindungen geplant“, kündigt der Unternehmenssprecher an. Dazu haben die Österreicher 33 neue Nightjet-Züge bestellt. Konkretere Neuheiten verkündet die Deutsche Bahn: Unter anderem sollen ab Dezember die beiden neuen Linien Berlin–Paris und Berlin–Brüssel starten.