In der südafrikanischen Provinz Limpopo vermarkten sich fünf Künstler als die "Big Five"
Fremdenführer Abel Baloyi bringt Touristen in die Häuser der Einheimischen. Fotos: pa
Sarah formt den Mund zu einem O und lässt die Zunge flattern. Während sie aus Tonklumpen feine Gefäße knetet, stößt sie immer wieder dieses lallende Geräusch aus, hoch und durchdringend. Es klingt wie ein Lockruf für das andere Geschlecht. Allerdings ist Sarah dem Balzalter längst entwachsen, fast 90 Jahre haben ihr Gesicht zu einem Faltengebirge aufgeworfen. Vielleicht soll das Geträller ihre Mitarbeiter motivieren?
Sarah Munyai, die Töpferin, ist eine Koryphäe in der südafrikanischen Provinz Limpopo. Sie gehört zu den großen Tieren, die sich als „Big Five“ der Künstler vermarkten. Gemeinsam mit einigen anderen Künstlern, Cultural Villages und Lodges haben sie die Ribolla Open Africa Route aus der Taufe gehoben (
www.openafrica.org). Sarahs Spezialität sind schlichte Farben und Formen. Ihre Schälchen, Vasen und Pötte gibt es in den verschiedensten Größen, und alle sind rotbraun und bleistiftgrau koloriert.
Kunterbunt treiben es hingegen die Weberinnen im nahe gelegenen Tsianda Village. Hier werden Geschichten aus der Venda-Kultur in farbenfrohe Teppiche, Decken und Kleidungsstücke verwoben. Die Geschichte der Venda – sie blieb von der Apartheid und ihren Verboten unberührt. Deshalb pflegt der Stamm seine Rituale noch besonders intensiv. Natürlich ist heute nicht mehr alles so wie früher. Der amtierende King Kennedy Tshivhase hat, anders als seine Vorgänger, nur noch eine Frau. Vielweiberei ist kostspielig und überschreitet sein Budget.
In der Weberei machen die Damen gerade Mittagspause. Sie plauschen und löffeln Maisbrei. Akkordarbeit sieht anders aus, aber wozu auch. Kunden sind keine da, und im Verkaufsraum stapelt sich die Ware. Die Webstücke sind, und das ist vielleicht der Grund für die Überproduktion, nicht gemacht für den Geschmack von Touristen aus Übersee.
Anders verhält es sich bei Noria Mabasa. Sie ist die Löwin unter den Big Five und hat mit ihren Holzskulpturen großen Erfolg. Die Schnitzereien – verknäulte Menschenleiber, Tiere und Sonstiges – verkaufen sich im ganzen Land und sogar darüber hinaus. In ihrem Haus bei Thohoyandou hat Noria eine Verkaufsausstellung. Allerdings führt dort ihre raffgierige Tochter Regime. Wer nichts kauft, sondern nur schaut, darf nicht auf Freundlichkeit hoffen. Und wer Bilder macht, fliegt raus.
Man kann die Künstler-Route freilich auch auf eigene Faust abklappern. Bequemer und informativer kommt man aber mit Abel Baloyi voran. Der junge Mann ist in der Region zu Hause und hat sich ein dichtes Netzwerk aufgebaut. Er arbeitet als Guide für Kuvona Cultural Tours (
www.kuvona.com), ein Unternehmen, das auf der ITB in Berlin schon mit Preisen für inno?vative und sozialverantwortliche Tourismuskonzepte geehrt wurde. Auch besitzt Kuvona einen deutschen Veranstalterpartner: SKR Studien-Kontakt-Reisen in Bonn.
Abel beginnt seine Touren gerne mit einem Besuch des Art-Centers in Thohoyandou, der Hauptstadt der Venda-Region. In der Exposition ist alles käuflich – vom Perlenarmbändchen bis zur monströsen Trommel. Zur Stärkung zwischen den einzelnen Stationen kehrt Abel mit den Touristen bei seiner Familie ein. Die Mutter hat Butterkürbis, Salat und Spinat aus dem eigenen Garten aufgetischt. Zur Nachspeise tanzt eine Jungengruppe in eigenwilligem Stil.
Als Nachtlager bietet sich Kunstinteressierten die Shiluvari Lakeside Lodge an (
www.shiluvari.com). Sie verfügt über sieben Zimmer und sechs Cottages, von dem keines dem anderen gleicht. In dem einen Rundhaus ziehen sich Zebrastreifen wie ein roter Faden durch die Einrichtung, in einem anderen sind Libellen auf die Kopfkissen gestickt und als Drahtgebilde an die Wand montiert. Die Gemeinsamkeit besteht darin, dass sich überall lokale Künstler und Handwerker austoben durften. Nicht nur frisch Vermählten ist der Honeymoon-Bungalow zu empfehlen. Er liegt direkt am See, und abends auf der Terrasse kann man sich von naturgemachter Ruhe umarmen lassen.
Pilar Aschenbach