Vietnam

Vietnam: Den Kaisern auf der Spur

In der Verbotenen Stadt in Hues Kaiserpalast wachen Frösche als „Onkel des Himmels“ über das Wetter. Rechts: Auf den Straßenmärkten von Hue verkaufen viele alte Frauen Medizin und Andenken.

In der Verbotenen Stadt in Hues Kaiserpalast wachen Frösche als „Onkel des Himmels“ über das Wetter. Rechts: Auf den Straßenmärkten von Hue verkaufen viele alte Frauen Medizin und Andenken. Fotos: fxm

In Hue und Hoi An in Zentralvietnam wird Geschichte lebendig  

Die Frösche reißen das Maul auf, als wollten sie die Besucher verschlingen. Der graue Granit verleiht ihnen zusätzlichen Respekt, auch wenn aus ihren Backen lediglich Grasbüschel wuchern.

Kein gutes Zeichen, die offenen Mäuler. Denn Frösche gelten hier in der Kaiserstadt Hue am Parfümfluss als „Onkel des Himmels“ und Wetter?boten mit besten Beziehungen zu den Göttern des Windes, der Sonne und des Regens. Ihre weit geöffneten Mäuler kündigen Regen an, und tatsächlich gilt Hue als die Regenstadt Vietnams. Doch auch hier in der Metropole in der Mitte des Landes können sich die etwa 350.000 Einwohner nicht immer auf die Wetterprognosen verlassen. Zum Glück, denn sonst würden die Besucher sicher einen Bogen um Hue machen und so eine der schönsten Städte Vietnams verpassen. Königlich essen in der Kaiserstadt
In der Blütezeit von 1802 bis 1945, als Hue die Hauptstadt Vietnams war und die Nguyen-Dynastien das Land regierten, entstanden an den Ufern des Song-Huong-Flusses nicht nur die martialisch anmutende Zitadelle, Kaiserstadt und die Verbotene Purpurne Stadt. Hue entwickelte sich in dieser Zeit auch zum kulturellen und kunsthandwerklichen Zentrum des Landes. Die bedeutendsten Künstler, Architekten, Literaten, Musiker und Mönche versammelten sich rund um die Kaiserpalastanlagen und zelebrierten Hues führende Rolle in Südostasien.

Noch heute ist das auf den zahlreichen Märkten und in den historischen Stadtvierteln zu spüren, eine gewisse Noblesse aus Adel, Luxus und Lifestyle hat sich in Hue erhalten. Das trifft auch auf die Küche zu: Ganz in der Nähe der Kaiserstadt kann man im Ancient-Hue-Restaurant königliche Speisen und traditionelle Architektur und Kunst unter schattigen Palmen genießen. Hoi An – schönste Stadt im Land
Auch das nur 100 Kilometer südlich gelegene Hoi An steht dem in nichts nach. Das kleine Städtchen mit seinen 120.000 Einwohnern gehört seit 1999 zum Unesco-Weltkulturerbe und gilt bei Vietnamesen wie bei ausländischen Besuchern als die wohl schönste Stadt des Landes. Der nur für Fahrräder zugängliche und so verkehrsberuhigte Altstadtkomplex von Hoi An gleicht einem offenen Geschichtsmuseum. Über 200 Jahre alte Häuser, denkmalgeschützt, zweistöckig und mit einer architektonischen Mischung aus vietnamesischen, chinesischen und japanischen Einflüssen versehen, scheinen sich dem Strom der Zeit entzogen zu haben.

Dezente Musik klingt auf allen Straßen aus Lautsprechern, im Erdgeschoss gehen die Handwerker ihren Tätigkeiten nach, basteln bunte Lampen, schnitzen dickbäuchige Buddhas, schlürfen ihre Hühnersuppe und schauen den flanierenden Besuchern mit einem Lächeln nach. Melancholie liegt über Hoi An, der leicht verwitterte Charme der Kolonialzeit umweht die kleinen Gassen, nur auf dem Markt geht es wild und wuselig zu, wie man es von asiatischen Waren?umschlagplätzen gewohnt ist.

Davon erholt man sich am besten im Brother’s Café, einem historischen Mandarin-Adelshaus mit wunderschönem Garten direkt am Hoai River, bei Fisch im Bananenblatt, gebratenem Reis und Wasserspinat in Knoblauchsoße.
Franz-Xaver Müller
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