Japan

Japan: Oberbayern mit Reisfeldern

Die Landschaft der japanischen Alpen bei Kamikochi mutet vertraut an.

Die Landschaft der japanischen Alpen bei Kamikochi mutet vertraut an. Foto: jmw

Die Alpen südlich von Tokio locken mit traditionellen Dörfern und saftig-grüner Natur

Vom Parkplatz in 2.400 Metern Höhe sieht der legendäre Berg Fuji gar nicht so mächtig aus. Doch je höher man kommt, desto beschwerlicher wird der Anstieg. Die Luft wird dünner, aus gut begehbaren Pfaden werden schwer zugängliche Geröllstrecken, und schließlich wird jeder einzelne Schritt auf dem Weg zur nächsten Hütte zu einer echten Kraftanstrengung. Doch oben auf dem Gipfel in mehr als 3.700 Metern Höhe verfliegen die Schmerzen, und ein Glücksgefühl setzt ein – vielleicht nicht ganz so stark wie bei den unzähligen Japanern, die den für Schintoisten heiligen Berg zumindest einmal im Leben besteigen sollen.

Der Fuji ist sicherlich der Inbegriff Japans und das touristische Markenzeichen des Landes schlechthin. Doch die Landschaft, die ihn umgibt, mutet nicht exotisch an, sondern vertraut. Die Japanischen Alpen südlich von Tokio sind eine malerische Gegend, die mit ihren Flüssen, Seen und hoch aufragenden Bergen stark an den europäischen Namensgeber erinnert. Besonders im Sommer hebt sich das Klima hier angenehm ab von der schwülwarmen Luft in der Küsten?ebene.

Bei den Japanern besonders beliebt ist der kleine Ort Kamikochi. Rund 16 Millionen Besucher zieht es jedes Jahr in das auf 1.500 Metern Höhe lie?gende Dorf. Die ursprüngliche Landschaft, das saftige Grün, der kristallklare Fluss Azusa – alles lädt hier zum Wandern ein. In den Unterkünften und in den Straßen herrscht eine Atmosphäre, die durchaus an Oberbayern oder die Schweiz erinnert – abgesehen vielleicht von der Einrichtung der Zimmer und den zumeist typisch japanischen Speisen.

Das Dorf Shirakawago – seit 1995 zum Weltkulturerbe zählend – erinnert dagegen mit seinen strohgedeckten Bauernhäusern, den Gasshos, eher an ein liebliches Schwarzwaldorf. In vielen Gasshos befinden sich heute Pensionen, in denen die Gäste in schlichten Mehrbettzimmern auf Matten schlafen. Die Küche in den Herbergen ist klassisch und schmackhaft, und wer ein wenig Japanisch versteht, kommt rasch mit anderen Gästen oder dem Wirt in Kontakt.

Abends ist in Shirakawago nicht viel los. Doch wer tagsüber gewandert ist, für den ist der Onsen, das traditionelle, nach Geschlechtern getrennte Bad, gerade recht, um sich von den Anstrengungen des Tags zu erholen. Und auf dem Rückweg zur Unterkunft ist der Besucher dann ganz eins mit sich, den stillen nächtlichen Gassen und der idyllischen Landschaft ringsum.
Jörg-Michael Weiß
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