Die Stadt kümmert sich um ihr Bauhaus-Vermächtnis
Willkommen in meiner Welt“, schmunzelt Karl Walter, wenn sich wieder einmal ein Gast über etwas in Tel Aviv wundert, „so ist das hier bei uns.“ Zu staunen hat die Gruppe viel: Wo sonst steht die karikierte Statue eines Staatsgründers in Yoga-Stellung auf dem Kopf am Strand? Wo stürzen sich orthodoxe Juden neben schwulen Badegästen in die Mittelmeer-Wellen?
„Wir sind Meister darin, alles so hinzubiegen, dass es passt“, erklärt Walter. Dieser pragmatische Vorsatz gilt auch für das wohl reichste Erbe der Stadt, die rund 4.000 Gebäude im Bauhaus- und internationalen Stil, die hier zwischen 1928 und 1945 entstanden sind. In Anbetracht der klimatischen Bedingungen verpassten die Bewohner dem architektonischen Schatz Klimaanlagen, Etagenaufbauten oder Kunststoffjalousien.
Auf stilgerechte Renovierungen konnten sich die unterschiedlichen Eigentümer der jeweiligen Wohnungen jedoch selten einigen, so dass an vielen Häusern der Putz bröckelt, die ehemaligen prachtvollen Eingangshallen verwahrlost und die schattigen Gärten verwildert sind.
Vieles steht unter Denkmalschutz
Seit 2003 sind die Häuser unter dem Begriff „Weiße Stadt“ Weltkulturerbe. Und nicht viel länger ist es her, dass die Bewohner begannen, ganz langsam ein Bewusstsein für die Historie ihrer Immobilien zu entwickeln. Mittlerweile stehen die meisten der Häuser unter Denkmalschutz und es gibt strenge Umbau- und Aufstockungsregeln.
„Wir leben in diesen Denkmälern“, erklärt Sharon Golan. Sie hat das White City Center vor drei Jahren mitgegründet und engagiert sich jetzt als Programmdirektorin mit viel Leidenschaft in der Restaurierung des Zentrums im Max-Liebling-Haus. Dieses soll pünktlich zum 100. Gründungsjahr des Bauhauses im nächsten Jahr eröffnen. Architekten und Handwerker sollen dort eine Kommunikationsplattform finden und außerdem insbesondere junge Besucher für das Kulturerbe sensibilisiert werden.
Für Golan ist der Aufbau des Zentrums, das vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit in Deutschland mitfinanziert wird, „eine zeitgenössische Art, mit einem Denkmal umzugehen“, der Austausch von Bildung sei zudem eine Annäherung zwischen Israel und Deutschland.
Den Wert der modernen Architektur hat mittlerweile auch die Tourismusbranche entdeckt und so wird die Party-Metropole am Meer immer mehr auch zum Ziel von Bauhaus-Liebhabern und an Architektur interessierten Besuchern. Erster Anlaufpunkt für viele ist das Bauhaus Center in der Dizengoff Street. Mischa Gross gibt ihnen in einem separaten Ausstellungsraum einen Überblick über die „Weiße Stadt“ und bietet zudem jeden Freitag eine geführte Tour zu den Highlights an.
Susanne Freitag
City-Break in Tel Aviv
Noch bis zum 31. März 2019 läuft das so genannte City-Break-Programm in Tel Aviv. Bei Ankunft am Donnerstag oder Freitag und einem Aufenthalt von mindestens drei Nächten beziehungsweise am Mittwoch mit vier Nächten profitieren die Passinhaber von Rabatten in teilnehmenden Restaurants, Museen, Bars und Clubs. Darüber hinaus können sie an kostenlosen Wanderungen teil‧nehmen, beispielsweise an der Tour „Vom alten Tel Aviv zur Weißen Stadt“. Zudem gibt es ein kostenloses Dinner für zwei Personen im gebuchten Hotel. Die Pakete sind bei zahlreichen Veranstaltern in Deutschland buchbar.