Mongolei

Im Zeichen des Ger

Ziegen und Schafe sind feste Begleiter einer jeden Reise durch die Mongolei  

Ziegen und Schafe sind feste Begleiter einer jeden Reise durch die Mongolei. Foto: mg

Das Nomadentum ist in der Mongolei noch sehr präsent – und für Touristen ein Erlebnis

Mountainbiker im oberen Orchon Tal im Khangai Gebirge

Mountainbiker im oberen Orchon Tal im Khangai Gebirge. Foto: mg

Die alte Frau steht ganz unvermittelt in unserer Jurte. Es ist morgens gegen sieben Uhr, in der Nacht hat es gestürmt und geschüttet. Gebückt und mit einem Stock in der Hand beäugt sie murmelnd die Wasser‧lachen in unserem Ger, wie Jurten in der Mongolei genannt werden. Wir haben den Eindruck, als ob sie die Pfützen vor, unter und neben unseren Schlafstätten segnet – die kaputten Essschalen und zerschmetterten Plastiktassen und Löffel ignoriert sie. Nach fünf Minuten lässt sie uns ‧allein in unseren Schlafsäcken zurück.

Wir sind Gäste in einem kleinen, familiär geführten Ger Camp im Khangai Gebirge in der Zentralmongolei westlich der Hauptstadt Ulan Bator. Eigentlich sind wir mit Zelt, Kocher und Verpflegung darauf eingestellt, uns während unserer einwöchigen Mountainbike-Tour selbst zu versorgen. Doch der heranziehende Sturm hat uns zu diesem Camp geführt. 

Drei Millionen Einwohner, 70 Millionen Zuchttiere

20 Euro kostet dieses Ger für eine Nacht. Eine Kiste Holz und ein Ofen gehören zum Service dazu, als Toilette dient ein Plumpsklo. Leider erweist sich unsere Jurte als ziemlich undicht. Und der Stein, der auf dem Dachkranz zerfetzte Plastikfolien zusammenhalten soll, stürzt im Sturm direkt auf unsere Kochausrüstung.

Wer in der Mongolei auf Reisen geht, erlebt eine andere Welt. Trotz einer rasanten Entwicklung seit dem Zusammenbruch des Sozialismus lebt immer noch ein Viertel der Menschen ganz oder zum Teil als Nomaden auf dem Land und hütet dort Tiere: Auf gut drei Millionen Einwohner kommen rund 70 Millionen Zuchttiere. 

Pferde, Schafe, Ziegen, Rinder und Yaks sind ständige Reisebegleiter – genauso wie majestätische Adler, Bussarde und Geier. Oft zu sehen sind vielerorts auch kleine Zwiesel, die wie Murmeltiere in der Sonne sitzen und bei Gefahr in ihren Erdlöchern verschwinden. 

Kashmir-Wolle: Ein Drittel der Weltproduktion stammt aus der Mongolei

Während die Pferdeherden aus rund 20 Tieren bestehen und für Touristen immer wieder eine Augenweide sind, gehen die Herden der Schafe und Ziegen in die Hunderte. Das Unterhaar der Ziegen liefert nach den langen und harten Wintermonaten die Grundlage für die berühmte Kashmir-Wolle: Ein Drittel der Weltproduktion stammt aus der Mongolei.

Die schiere Menge an Tieren sorgt für eine akute Überweidung. Der Grund für die weitergehend baumlose und damit beeindruckend grenzen-lose Landschaft der Zentral-Mongolei liegt aber in der früheren Abholzung durch den Menschen und im rauhen Klima: Auf dem über 1.000 Meter hohen Plateau mit bis zu 4.000 Meter hohen Bergen im westliche Khangai-Gebirge und im Altai setzt der Winter oft schon im September ein – und dauert oft bis Mai. Temperaturen von minus 30 Grad sind keine Seltenheit.

Veranstalter bieten Reisen mit Jeeps an

Das Reisen in dieser Zeit hat einen ganz besonderen Reiz, eignet sich aber nur für Hartgesottene. Wesentlich angenehmer sind die Sommermonate: Dann kommen die Städter aus Ulan Bator und zelten im Familienverbund in der grandiosen Landschaft – etwa im oberen Teil des Orchon Tals. 

Dort gibt es diverse professionelle Ger Camps, die auch Teil der Rundreisen von Veranstaltern sind. Sie bieten neben der Übernachtung auch ein Restaurant, warme Duschen, Bettzeug sowie Toiletten mit Wasserspülung. Gereist wird mit Jeeps, Highlights sind neben der grandiosen Natur Lama-Klöster wie Erdene Dsuu in der alten Hauptstadt Charkorin (Karakorum), das alljährliche Naadam-Fest im Juli mit Ringkämpfen und Pferderennen sowie die Freundlichkeit und Gastfreundschaft der Mongolen.

Große Gastfreundschaft

Die erleben wir auf vielfältige Art und Weise. Mongolische Urlauber versorgen uns aus dem Auto heraus mit Bier und Wasser, es wird gewunken und gegrüßt. Westliche Mountainbiker als moderne Nomaden – so etwas kommt an in der Mongolei: Mobilität mit Zelt ist für Nomaden Überlebensprinzip.

Heftige Schauer lassen uns zudem immer wieder nach einem Unterschlupf suchen – und den gibt es in der freien Natur nur in Touristencamps oder bei Nomaden im Ger. Die Verständigung klappt dank Internet-Empfang und Google-Translator ganz gut, das gängige Begrüßungs-getränk dagegen ist nicht jedermanns Sache: Gäste werden mit Airak willkommen geheißen – gegorener Stutenmilch. 


So kann gebucht werden

Die Mongolei kann visafrei bereist werden und wird von zahlreichen Erlebnisreise-Veranstaltern wie Ikarus Tours, G Adventures und Gebeco angeboten. Reisebüros können sowohl individuelle Kunden einbuchen als auch geschlossene Gruppen. Wer selbst veranstaltet, kann Touren zudem über Agenturen wie Mongolia Expeditions & Tours, info(at)mongolia-expeditions.com, sowie Juulchin World Tours organisieren. Der Vorteil bei Letzterer: Sales Managerin Buyanzaya Eldevdorj spricht Deutsch. Erreichbar ist sie per Mail an europe(at)juulchinworld.mn

Matthias Gürtler
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