Deutschland

Fleesensee: Vom Bauerndorf zur Urlaubsoase

Ein autofreies Kinderparadies: das Dorfhotel Fleesensee.

Wie TUI Mecklenburg-Vorpommern zum Topziel machte

Ein Projekt, das ohne Subventionen nicht möglich gewesen wäre: Blick auf das Land Fleesensee im Jahr 2001. Fotos: mg, TUI

Der Schweinestall von einst ist verschwunden, die HO-Gaststätte aus DDR-Zeiten ist eine Pizzeria. Und das Ferienheim des VEB Sekundärrohstofferfassung, untergebracht in einem Schloss der Barockzeit, ist ein Vorzeigehotel von Radisson.

Fragt man in diesem Sommer alteingesessene Bewohner von Göhren-Lebbin, dann mögen sie an die Vergangenheit kaum noch denken. „Anfangs hatten wir Angst, dass alles anders wird. Heute sind wir froh, dass alles anders geworden ist“, sagt die Bäckersfrau am neuen Marktplatz des Ortes.

Zehn Jahre ist es her, seit in der Nähe von Malchow in Mecklenburg-Vorpommern das größte Tourismusprojekt Deutschlands seine Türen für Gäste öffnete. Der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder fühlte sich bei der Eröffnung so wohl, dass er zu spät zum DFB-Pokalfinale zwischen Werder Bremen und Bayern München kam.

Der frisch ernannte TUI-Deutschland-Chef Volker Böttcher flog damals direkt aus Ägypten in die nordostdeutsche Provinz. „Das war meine zweite Dienstreise“, erinnert sich der Manager. „Und sie machte mir deutlich, wie wichtig das Reiseland Deutschland ist.“ Kein Wunder: Inklusive des jüngst eröffneten Iberotels direkt am Ufer des Sees steht das Urlaubsziel mit rund 1.800 Betten (ohne das Radisson Blu) für etwa die Hälfte der hauseigenen TUI-Kapazität in Deutschland.

Das Projekt zwei Kilometer abseits des Fleesensees war mutig – und nicht unumstritten. In kürzester Zeit wurden Ende der 1990er Jahre über einen geschlossenen Immobilienfonds ein Robinson Club, ein Dorfhotel, das Radisson Hotel, ein Spa und fünf Golfplätze aus dem Boden gestampft. Dass sich TUI gleich mit zwei etablierten Marken engagierte, war der Schlüssel zum Erfolg, glaubt der oberste TUI-Hotelstratege Karl Pojer: „Ohne Robinson und Dorfhotel wäre aus Fleesensee nicht das geworden, was es heute ist. Die Region kannte im Westen Deutschlands kein Mensch.“

Heute gibt es mehr als 50 Diplomarbeiten über das Projekt. Und einen Ruf, der die Zahl der Urlauber stetig steigen lässt. „Hohe Qualität, eigene Marken und innovative Produkte – diese Unternehmensziele wurden im Land Fleesensee perfekt umgesetzt“, lobt TUI-Chef Böttcher, der sich sonst mit Begeisterungsstürmen eher zurückhält. Auch die Auslastung scheint zu stimmen: 60 Prozent beträgt sie, trotz der grauen Monate im Winter.

Die kalte Jahreszeit wird etwa bei Robinson immer öfter mit Meetings und Incentives überbrückt, die Siemens Life Kochschule tut ein Übriges. Aber auch Kurzurlauber und Golfer kommen außerhalb der Hochsaison. „Ganz nah, weit weg“ – dieser Slogan ist hier voll aufgegangen, sagt Thomas Döbber-Rüther, einer von zwei Geschäftsführern des Land Fleesensee.
Matthias Gürtler
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