Spanien

La Gomera: Wandern wie die Kanzlerin

Das Valle Gran Rey bietet sich als Ausgangspunkt für Wanderungen an. Foto: cd

Die Kanareninsel ist ein Paradies für Naturfreunde und Wandervögel

La Gomera vor einer Generation, in den Zeiten des Handyfreien Hippie-Tourismus: Wer die Bergwelt der Kanaren-Insel erobern will, muss dies nach Pfadfinderart tun. Markierung und Wegweiser gibt es praktisch keine. Vier Wanderer verirren sich heillos im Lorbeerwald. Es beginnt zu regnen, Nebel kommt auf. Eine vermeintliche Wanderhütte stellt sich als Inselbordell heraus. Dort aber sind Schlammschuhe und Waldläufer wenig willkommen. Das Telefonat nach einem Taxi wird glatt verweigert. Und die Gruppe tappt weiter tapfer durch die Nacht.

Dreißig Jahre später ist alles anders. Das Hurenhaus La Carbonera gibt es nicht mehr. Die versammelte Frauenwelt von Hermigua hat es eines schönen Tages kurz und klein geschlagen. Verlaufen ist auf La Gomera auch fast unmöglich geworden. Die Wanderwege sind penibel markiert, und Wegweiser finden sich auf Schritt und Tritt. Die Inselverwaltung hat sogar eine kostenlose Wanderkarte drucken lassen, die überall erhältlich ist. Insgesamt zwanzig Trekking-Touren sind dort verzeichnet, nach Schwierigkeitsgraden von einem Stern bis drei Sternen eingeordnet, Gehzeiten sowie Höhenmeter exakt ausgewiesen.

Recht so! Denn La Gomera ist keine Badeinsel. Lange, gar weiße Strände sucht man hier vergebens. Allenfalls ein paar Buchten mit einer Mischung aus schwarzem Sand und Basaltbrocken bieten Zugang zum rauen Atlantik. Dafür gibt es jede Menge urzeitlichen Wald mit gewaltigen Lorbeer-, hoch aufragenden Erikabäumen und Riesenfarnen. Zudem lieben Outdoorfreaks das anspruchsvolle Relief der vergleichsweise kleinen Insel. Wer körperliche Herausforderungen sucht, ist hier genau richtig.

La Gomera ist die einzige Insel der Kanaren, die schon seit zwei Millionen Jahren keine Vulkanausbrüche mehr erlebt hat. Wind und Wetter hatten jede Menge Zeit, das Eiland altern zu lassen. Steile Falten und Furchen sind entstanden, die Erosion sorgte für immer tiefer ins Terrain gefräste Täler.

In früheren, Handy-freien Zeiten verständigte man sich mit der Pfeifsprache El Silbo über die Täler hinweg. Die Technik ist mittlerweile Pflichtfach in den Schulen der Insel, deren Nationalpark Garajonay seit 1986 zum Unesco-Weltnaturerbe gehört. Der Park dehnt sich über die gesamte Inselmitte aus. Mittendrin liegt der Gipfel des gleichnamigen Berges Garajonay mit fast 1.500 Metern Höhe. Wer starke Anstiege meiden will, startet daher erste Touren ab dem Parkplatz Laguna Grande mitten im Nationalpark.

La Gomera ist die Lieblingsinsel der Kanzlerin. Angela Merkel war dieses Jahr schon da, nur mit ihrem Ehegatten und zwei Bodyguards unterwegs zwischen Lorbeer, Erikabäumen und Riesenfarn. Was sie hier suchte? Nichts als Ruhe und Natur. Denn weite Teile des Eilandes sind noch immer ohne Handy-Empfang. Was für eine Entspannung!
Claudia Diemar
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