Spanien

Cabo de Gata: Arizona am Mittelmeer

Bei Tabernas: Hier standen einst Henry Fonda und Steve McQueen als Cowboys vor der Kamera.

Der Naturpark ist ein Double für den Wilden Westen

Einer der schönsten Strände: Badebucht im Naturpark Cabo de Gata. Fotos: hs

Acuceina Laguia Allue ist sich ganz sicher: Er war es! Vorgestern am frühen Abend an der abgelegenen Playa de los Genoveses! Ihr Schwarm – Willem Dafoe aus Hollywood! Es war die zweite Begegnung der beiden. Beim ersten Mal stand er in der stillgelegten Goldmine von Rodalquilar für den Film „Morality Play“ vor der Kamera von Regisseur Paul McGuigan. Sie hatte damals ein Autogramm bekommen, durfte ihm einen Kuss auf die Wange drücken.

Diesmal lächelt er, hält im Gehen nur kurz inne und geht weiter als täuschte sie sich. Dabei gibt es keinen Zweifel: Dafoe ist zurück am Cabo de Gata in der andalusischen Provinz Almeria – und diesmal will er nicht erkannt werden. Ebenso wie Steven Spielberg, Pedro Almodovar, Antonio Banderas und Melanie Griffith vor ihm, die erst zum Arbeiten kamen und seitdem privat hierher zurückkehren, in Rodalquilar, Agua Amarga oder San Jose wohnen – abseits vom Rummel, fern der einschlägigen europäischen Celebrity-Treffpunkte, an Spaniens letzter unverbauter Mittelmeerküste.

Es ist eine Region mit bald fünfzigjähriger Hollywood-Geschichte. Schon Henry Fonda und Peter O’Toole kamen hierher, später Stars wie Harrison Ford als Indiana Jones und Sean Connery als James Bond. Über 200 Filme sind hier gedreht worden – damals, als die Wüste von Tabernas im Hinterland vor allem Arizona doubelte und Western in Europa günstiger zu drehen waren als in den USA. Und später als die Regisseure den Cabo de Gata Nijar-Naturpark an der Küste entdeckten, wo die schönsten Strände bis heute oft nur über unbefestigte Pisten zugänglich sind und Set-Ausstatter an nichts Hand anlegen müssen, wenn Sand und Klippen, Sonne und Meer das zeitlose Bild bestimmen sollen.

Der schlechte Straßenzustand ist ein Glück, denn er hält die Massen ab von diesen Traumstränden: von Playa de los Genoveses, Playa del Monsul und Playa de los Muertos, wo Wind und Wellen Skulpturen aus Felsen modelliert haben, der Sand gelb und weich ist – und wo kein einziges Hotel steht. Stattdessen wohnen die Urlauber in San Jose, Agua Armaga oder Rodalquilar und kommen mit dem Auto.

Am leichtesten fällt es der Gegend noch immer bei Sonnenaufgang, Arizona zu doubeln: Dann leuchten die Küstenberge im Morgenlicht glutrot, und plötzlich liegen Grand Canyon und Monument Valley in Andalusien, das Cowboyland am Mittelmeer.

Was sich über die Jahre geändert hat? Nur die Namen der Stars. Am wilden Cabo de Gata haben sie ihre Ruhe. Es sei denn, sie begegnen ausgerechnet Acuceina Laguia Allue. Ihr können sie nichts vormachen, denn die rüstige Lady ist Vorsitzende der Film-Kommission der Region und zuständig für die Location-Suche, wann immer ein Produzent aus Hollywood anruft.
Helge Sobik
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