Kroatien

Robinsonaden in der Adria

Die Klippen von Telascica fallen 140 Meter zum Meer ab.

Die Inselwelt der Kornaten ist ein faszinierendes Revier für Fahrten mit dem Motorsegler

Die Kornaten bestehen aus rund 140 felsigen Inseln. Fotos: aze

Lässig steuert Kapitän Ante seinen gemütlichen Motorsegler an der Südspitze der Insel Pasman vorbei hinein in die skurrile Inselwelt der Kornaten. Als erstes Ziel lockt schon einer der Höhepunkte, die Telascica-Bucht am Südende der Insel Dugi Otok. Die Einfahrt in den Nationalpark ist ein schmales Nadelöhr, als wolle die Bucht die Spannung steigern.

Vom Ankerplatz lassen sich die gigantischen Klippen von Telascica erklimmen, die 140 Meter schroff ins Meer abfallen. Nur Schwindelfreie sollten sich an den Klippenrand wagen, um die atemberaubende Aussicht zu genießen. Auf schmalem Pfad geht es hinunter zum pinienumsäumten See, bei dem sich Salz- und Süßwasser mischen.

Die Fahrt nach Süden führt an vielen kleinen Inseln vorbei, die teils wie Pyramiden, teils wie versteinerte Meeresungeheuer ausschauen. Im Hintergrund die größte Insel des Archipels: Kornat, eine Kette von kegelförmigen, verkarsteten und von Steinmauern überzogenen Hügeln. Bei Mana dann stürzt ein Kliff 77 Meter ins Meer, bis zu 40 Metern peitscht hier bei Sturm die Brandung hoch. Am Klippenrand ragen Ruinen eines verlassenen Dorfes hoch, scheint es. Doch was hier so romantisch ausschaut, sind die in über 50 Jahren verwitterten Filmkulissen zu dem hochdramatischen Streifen „Tobendes Meer“ mit Maria Schell.

Wenn man bei einer Kreuzfahrt mit dem Motorsegler nicht gerade in einer der Badebuchten herumplanscht, am Sonnendeck faulenzt oder den Versuchungen aus der Kombüse erliegt, kann man sich entspannt der „Seh-Fahrerei“ hingeben. In diesem Inselpuzzle, einst Schlupfwinkel von Piraten, Partisanen und Prominenten bevölkert, gibt es immer was zu gucken. Eduard VIII. zum Beispiel zog sich nach seiner „shocking“ Heirat mit der geschiedenen Amerikanerin Wallis Simpson und dem Verzicht auf die Krone für einige Zeit auf die Kornaten zurück. Der Schriftsteller Bernhard Shaw fand hier Inspiration: „Am letzten Schöpfungstag wollte Gott sein Werk krönen und schuf aus Tränen, Sternen und dem Hauch des Meeres die Kornaten.“

Die meisten der kargen Inseln sind längst unbewohnt. Noch immer markieren kilometerlange Trockenmauern den Grundbesitz, liegen wie steinerne Adern über den Hügeln. Hier und da grünen Olivenbäume, rupfen Schafe und Ziegen an hartem Gras.

Am südlichen Ende des Nationalparks Kornati bekommen wir Gesellschaft. „Delphine achtern“. Mindestens sechs dieser sympathischen Tümmler geben den entzückten Kreuzfahrern eine kleine Sondervorstellung in Synchronspringen. Glückspilze seien wir, meint Kapitän Ante, denn die noch rund 220 in der Kvarner Bucht und vor Mitteldalmatien lebenden Adria-Delphine seien nicht häufig zu sichten. Die letzte Population dieser Spezies steht inzwischen unter Schutz.

Die über 140 meist kahlen Felsinseln, hingetupft vor die lange Hauptinsel Kornat, wurden zum Schutz speziell der reichen Unterwasserwelt 1980 zum Nationalpark erklärt. Seitdem schauen hier Ranger mit ihren Booten nach dem Rechten. Auch ist im Insellabyrinth – wie entlang der gesamten kroatischen Küste – eine ganze Armada rustikaler Motorsegler unterwegs. Ein reizvolles Revier bietet hier auch die Küste, liegen doch gleich zwei Unesco-Welterbestätten an der Route: die Altstadt von Trogir und der Dom von Sibenik.

Kurz vor Sibenik steuern wir die Insel Zlarin an. Die „goldene Insel“ war berühmt wegen ihrer Korallen. Jahrhundertelang fischte man das attraktive rote Geäst von den Riffen oder tauchte nach Schwämmen, für die besonders die kleine Nachbarinsel Krapanj bekannt ist. Die Korallenvorkommen von Zlarin sind längst erschöpft.

Einen alten Meister gibt es noch im Ort, der Vorräte besitzt, die er in Handwerksarbeit für die Schmuckherstellung vorbereitet. Korallen schmücken auch das kleine Museum, und – fast wie wertvolle Ikonen präsentiert – Fotografien mit Szenen aus der „Korallenprinzessin“, dem 1938 hier mit Luis Trenker gedrehten Film.
Monika Zeller
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