Frankreich

Gelber Wein und grüne Tomaten

Nicht nur Gaumenschmaus, sondern auch eine Augenweide: Das Jura verwöhnt seine Gäste mit unberührter Natur. Foto: al

Jura: Die Region wartet mit schmackhaften Spezialitäten auf

"Raten Sie mal, woraus diese Marmelade ist", sagt Brigitte Keller und hält ihrem Gast mit einem spitzbübischen Lächeln die kleine Schale mit dem grünen Inhalt entgegen. In ihrem kleinen Schloss im französischen Jura fabriziert die ehemalige Stewardess eigene Ökoprodukte. Sind es Stachelbeeren? Mirabellen? Auf jeden Fall schmeckt es nach Ingwer und total exotisch. "Es sind grüne Tomaten", verrät sie und entlockt ihren Gästen ein erstauntes Prusten.

Während diese Marmelade eher eine persönliche Spielerei ist, hat es eine andere Spezialität der Region sogar auf die Speisekarten vieler Restaurants geschafft: gelber Wein. Die Reben des Weißen Traminers werden nur in dieser Landschaft nördlich der Schweizer Grenze angebaut. Wie sie dorthin gekommen sind, weiß niemand so genau.

Aber eigentlich ist es auch egal, denn der gelbe Wein ist einfach faszinierend, meint Michael Keller. Der Goldschmied hat sich mit seiner Frau vor zehn Jahren so sehr in das Jura verliebt, dass er beschloss, für immer dort zu bleiben. "Es ist die Natur hier, die Stille und Unberührtheit, die die Gegend so wunderbar macht", beginnt der ansonsten so wortkarge Mann plötzlich zu schwärmen. Viele Dörfer der Umgebung tragen die Auszeichnung "Frankreichs schönste Dörfer". Etwa das benachbarte Baume-les-Messieurs. Die Benediktinermönche des Saint Pierre suchten im Jahre 909 die Abgeschiedenheit - und fanden sie hier zwischen 300 Meter hohen Tafelbergen, die so flach enden, als hätte jemand die Berggipfel abgesägt.

Doch den Turmfalken, der über den Bergen kreist, nehmen die meisten Reisenden nicht wahr. Viel zu abgelenkt sind sie von den einzigartigen Wasserfällen entlang des Flusses Seille de Baume. Wer hier wandert, möchte seine müden Füße nirgends anders mehr kühlen als auf dem weichen Moos der kleinen Hügel, die mit Wasser begossen werden. Sie sehen aus wie einem Herr-der-Ringe-Film entsprungen. Moos legt sich wie ein Bart um die Steine am Bach, bedeckt knorrige Baumstämme und Äste wie ein dichtes, flauschiges Fell.

"Tuffsteinwasserfälle" lautet das Fachwort für die Moosberge, klärt später Guy Bonnivard auf. Er steht in seiner kleinen Bar am Rande von Arbois hinter dem Tresen seiner Bar Chez Bonni. Sein kleines Refugium liegt in der Einsamkeit des französischen Juragebirges am gurgelnden Bach. Und doch kein menschenleerer Fleck, denn er liegt nah der Höhle Grotte des planches am größten unterirdisch aktiven Fluss Frankreichs.

Während Bonnivard in seiner Bar ein deftiges Steinpilzomelette zubereitet und würziges Landbrot aufschneidet, brummt er durch seinen Schnauzbart, dass man natürlich zum Kanufahren, Biken, Eselwandern oder Hausbooturlaub ins Jura kommen könne. "Doch am besten ist es, einfach nur genießen." Den gelben Wein oder Schokolade aus der Manufaktur Hirsinger, die noch so schmeckt wie zu Urgroßvaters Zeiten. Kein Wunder, Altes wird hier bewahrt und Gaumenfreuden haben Tradition im Jura.
Andrea Lammert
Anzeige