Spanien

Weltkulturerbe statt Ballermann

Zerklüftete Berge bei Sa Calobra, blühende Landschaft bei Bunyola. Fotos: cd

Mallorca: Die Sierra de Tramuntana ist Unesco-Welterbe

"Alles, was Dichter und Maler sich erträumen können, hat die Natur hier geschaffen", notierte George Sand, die einen Winter mit Frédéric Chopin auf Mallorca lebte, über die Bergwelt der Insel. Mehr als 150.000 Touristen besuchen alljährlich das Kloster in Valldemossa, in das sich das Paar zurückgezogen hatte. Die meisten kommen in Bussen, die sich die gewundenen Straßen hinaufquälen.

Die schönste Annäherung an die Berge aber erfolgt auf nostalgische Art: mit dem Zug, der mehrmals täglich von Palma nach Soller fährt. Mehr als ein Dutzend Tunnel durchquert die Bahn auf der Fahrt. Pinienduft weht in die Fenster, Felswände ziehen zum Greifen nah vorbei. Der Höhenzug der Sierra de Tramuntana ist die größte Bergkette der Insel. Wie ein steinernes Rückgrat zieht sich die dramatische Auffaltung vom Cap Sa Mola bei Andratx über rund neunzig Kilometer bis zum Cap Formentor bei Pollensa dahin. Genau 1.445 Meter ragt der höchste Berg Puig Major auf.

Die Bergwelt ist ein Eldorado für Wanderer und Radrennfahrer. Doch die Sierra ist nicht "Natur pur", sondern eine von Menschen geprägte Kulturlandschaft. Seit Jahrhunderten wird das Terrain für die Landwirtschaft genutzt. Olivenkulturen, Weingärten, Orangen- und Zitronenhaine erheben sich auf terrassierten Feldern, die von Mauern im Trockenbau gestützt sind. Die christlichen Bauern übernahmen diese Technik von den ehemals auf der Insel ansässigen Mauren, ebenso wie das ausgeklügelte Bewässerungssystem. "Das Ergebnis ist die Kombination von kulturellen und ethnologischen Elementen mit der ursprünglichen Naturlandschaft", schreibt der Inselrat "Consell de Mallorca" dazu.

Über 700 archäologische Fundstellen sind in der Region ebenso vorhanden wie Kalksteinformationen und Flora und Fauna mit vielen endemischen Arten. Seit 2008 verfolgte die Inselregierung die Idee, den Gebirgszug als Welterbestätte vorzuschlagen, zwei Jahre später akzeptierte die Unecco die Bewerbung. Zugelassen werden Landschaften dabei nur, wenn sie für "ein hervorragendes Beispiel einer überlieferten menschlichen Siedlungsform, Boden- oder Meeresnutzung" stehen.

Seit 27. Juni dieses Jahres ist es amtlich: Mallorcas Bergwelt wurde von der Unesco als 878. Welterbestätte bestätigt. Finanzielle Vorteile sind mit der Anerkennung nicht verbunden. Sie würde jedoch "eine große Verpflichtung für alle Institutionen bedeuten, die für den Schutz dieser Landschaft tätig sind und dabei Hand in Hand mit den Bewohnern der Sierra arbeiten", stellte der Inselrat fest. Mallorca, die größte der Balearen-Inseln, arbeitet seit Langem an ihrem Image. Diese Unesco-Anerkennung steht daher grob gesagt auch für ein "Berge statt Ballermann". Infos: www.serradetramuntana.net.
Claudia Diemar
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