Spanien

Im grünen Norden

Der Lago Enol ist einer der Gletscherseen in den Picos de Europa.

Asturien gilt als die Schweiz Spaniens, lockt aber auch mit Stränden

Natürlich kann man den Sidra auch anders einschenken ... Fotos: cd

Das Glas, das der Kellner zusammen mit der Flasche bringt, scheint aus dem Kücheninventar eines Riesen zu stammen. Mit der linken Hand hält er es in Kniehöhe, während die Rechte die Flasche hoch über den Kopf führt. Gut einen Meter lässt er den ersten Schluck in die Tiefe stürzen. Jetzt dürfen wir kosten, bevor die zweite Runde mit der gleichen Sorgfalt zelebriert wird. Süffig-frisch schmeckt die "Sidra", die asturische Version des Apfelweins.

Auf halbem Weg zwischen San Sebastian und Santiago de Compostela liegt das Fürstentum Asturien an Spaniens grüner Nordflanke. Nach Süden hin riegelt ein schroffes Gebirge die Provinz vom kastilischen Kernland ab."Picos de Europa" nennt sich die Bergkette, weil ihre Gipfel einst das erste waren, was die Walfänger nach langer Fahrt im Nordmeer vom Kontinent wieder zu sehen bekamen. Fast unmittelbar hinter der Küste wirft sich diese Felsformation bis zu 2.600 Meter Höhe auf und wirkt wie eine spanische Schweiz. Doch diese Berge sind nicht nur bei Alpinisten und Naturfreunden beliebt.

Hier wurde spanische Geschichte geschrieben, denn Asturien gilt als Wiege der christlichen Rückeroberung Spaniens. Im Jahr 722 tritt der asturische Fürst Don Pelayo mit einer Schar von Kämpfern den Mauren entgegen, die damals fast über die gesamte iberische Halbinsel herrschen. In den unwegsamen Bergen von Covadonga erleiden die sieggewohnten Fremden ihre erste Niederlage. Nur ein paar Autominuten weiter liegen die beiden Gletscherseen Lago Enol und Lago Ercina in der erhabenen Berglandschaft des Naturparks mit seinen zahllosen Wanderwegen.

Asturier sind begeisterte Sportler. Kletterer und Tourengänger sind überall im Gebirge unterwegs. Tauziehen und Holzhacken, Kanurennen und Wettschwimmen sind beliebte Disziplinen der sommerlichen Fiestas. Auf der Autobahn gelangt man zügig von den Bergen zum Meer. Die Küste präsentiert sich spektakulär: Steile Klippen wechseln sich mit langen goldfarbenen Sandbuchten ab, die selbst im Sommer nie überlaufen sind.

Am langen Stadtstrand von Gijon rollt der Atlantik mit grün schillernden Brechern auf den gelben Sand. Kühne Schwimmer kraulen durch die Brandung. Bei Ebbe pflücken Hausfrauen Muscheln von den Felsen. In den Fischkneipen an der Costa Verde türmen sich Kraken und Langostinos auf dem Tresen. Ob in Cudillero, in Ribadesella oder Luarca: auf den Teller kommt, was am frühen Morgen angelandet wurde.In der Sidreria am Strand von Santa Maria del Mar spazieren Hummer, Taschenkrebse und Seespinnen in großen Becken herum. Der Kellner inszeniert das Ritual des Apfelweineinschenkens, greift routiniert ein Meerestier aus dem Pool und serviert kurze Zeit später das lachsrosa leuchtende Meerestier. Das süßlich zarte Aroma der Seespinne passt hervorragend zur fruchtigen Sidra.
Claudia Diemar
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