Deutschland

Wo ist der Fluss?

Deutschlands erster Fernradweg führt über 167 Kilometer von der Quelle der Altmühl bis zur Donau. Foto: Naturpark Altmühltal

Radwandern für Einsteiger im Altmühltal

Kurz vor dem kleinen Ort Kinding müssen wir kräftig in die Pedale treten: Unser Weg schwingt sich auf eine ausladende Brücke und führt über die Bahntrasse Nürnberg-Ingolstadt. Mit Geschwindigkeiten bis zu 300 Stundenkilometern schießen hier die ICE-Züge durch die fränkische Landschaft. Gleich nebenan rollen wir unter der Autobahn A9 durch und hören den Verkehr sechsspurig über uns hinwegbrausen. Doch schon wenige Minuten später radeln wir wieder unter Bäumen am ruhigen Ufer der Altmühl entlang. Entschleunigung pur!

Fast eine Woche lang sind wir im Tal der Altmühl unterwegs und genießen eine der schönsten, abwechslungsreichsten und komfortabelsten Routen, die Radler hier zu Lande bereisen können. Dieser erste Fernradweg Deutschlands, angelegt in den 80er Jahren, führt über 167 Kilometer fast ausschließlich abseits des Autoverkehrs von der Quelle bis zur Mündung des kleinen Donau-Zuflusses. Urlaub vom alltäglichen automobilen Wahnsinn sozusagen, denn die rollenden Blechkisten begegnen uns in diesen Tagen allenfalls in Ortsdurchfahrten und eben beim Überqueren von Schnellstraßen in nennenswerter Zahl.

Trotzdem sind wir nicht auf holprigen Trampelpfaden unterwegs, sondern rollen über gut ausgebaute Trassen mit Asphalt oder Sandbelag. Und das mit nahezu perfekter Ausschilderung: Wer sich an die Hauptrouten hält, kann auf eine Radwanderkarte getrost verzichten. Kurz: Die Tour im Altmühltal ist in jeder Hinsicht bequem - so bequem, dass sportliche Radler hier kaum auf ihre Kosten kommen. Nennenswerte Steigungen gibt es so gut wie nicht, und Richtung Osten fährt man sogar häufig leicht bergab und mit Rückenwind.

Wer es sich noch leichter machen will, kann ohne Gepäck reisen. Zahlreiche Radreiseveranstalter organisieren individuelle Touren für das Altmühltal, bei denen die Koffer morgens abgeholt und zur nächsten vorgebuchten Unterkunft transportiert werden. So unbeschwert dürften die vorgesehen Tagesetappen von 50 bis 60 Kilometern spielend zu schaffen sein - sollte man meinen. Doch es gibt viel zu sehen auf dieser Route, und immer wieder müssen wir halt machen, staunen, besichtigen, fotografieren.

Die Altmühl selbst spielt dabei fast die Nebenrolle. Sie ist, anders als die majestätische Donau, eigentlich ein unscheinbarer Wasserlauf. "Wo ist der Fluss?", fragen wir uns auf der ersten Hälfte der Tour immer mal wieder. Denn in seinem Oberlauf windet er sich als schmales Rinnsal durch eine ausladende Auenlandschaft voller üppig blühender und halb verwilderter Wiesen. Erst ab Treuchtlingen wird es dann bergiger: Die Altmühl hat sich hier in vielen Schleifen durch den Fels gefressen und abenteuerliche Formationen an den Ufern hinterlassen. Viele der hohen Vorsprünge sind von mittelalterlichen Burgen gekrönt - so zum Beispiel in Pappenheim, Kipfenberg oder Prunn.

Das heute so beschauliche Tal steckt voller Geschichte, eine Perlenschnur von historischen Städtchen zieht sich an den Ufern entlang. Gunzenhausen, Beilngries und andere Orte verfügen noch über weitgehend erhaltene Stadtkerne samt Befestigung. Die Bischofsstadt Eichstätt glänzt in barocker Pracht, und in Herrieden und Essing führt die Route über die historische Altmühlbrücke direkt zum Stadttor. Wer kann bei solchen Anblicken schon ungerührt weiterradeln?

Klaus Pranger

Veranstalter mit Touren durch das Altmühltal
Individuelle Altmühl-Radtouren mit vorgebuchten Unterkünften und Gepäcktransport gibt es in verschiedenen Varianten beim Spezialisten Donau Touristik, außerdem bei Wikinger Reisen, Rückenwind Reisen oder Eurobike. Die meisten Routen beginnen in Rothenburg ob der Tauber und enden in Regensburg. Weitere Informationen gibt es auch beim Tourismusverband Naturpark Altmühltal im Internet unter www.naturpark-altmuehltal.de.

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