Schweiz

Aussteigen, bitte!

Ziemlich hoch, ziemlich spektakulär: das Landwasserviadukt. Foto: Rhätische Bahn

Graubünden: Ein neues Projekt rund um die Rhätische Bahn soll einem Tal zum touristischen Aufschwung verhelfen

Immer den Schildern nach: Wandern im Zeichen der Bahn

Immer den Schildern nach: Wandern im Zeichen der Bahn. Foto: sl

In Graubünden werden selbst Baustellen am Bahntunnel zum Erlebnis

In Graubünden werden selbst Baustellen am Bahntunnel zum Erlebnis. Foto: sl

Roman Cathomas betreut das Projekt Landwasserwelt bei der Rhätischen Bahn. Foto: sl

Weltkulturerbestätten sind eine feine Sache. Aus irgendwelchen Töpfen fließt auf einmal viel Geld, die internationale Aufmerksamkeit für das Objekt ist gewiss und die Besucher kommen in Scharen. So erging es auch der Rhätischen Bahn, deren Albula- und Bernina-Linien im Jahr 2008 von der Unesco geadelt wurden. Einziges Problem: Die Regionen, durch die die Züge fahren, profitierten bislang nur bedingt vom Welterbestatus. Schließlich reichte es den meisten Zugreisenden, die beeindruckenden Landschaften mitsamt ihren Viadukten und Tunnels aus dem Panoramawagen heraus zu betrachten. Aussteigen und sich umschauen war nur für wenige Passagiere eine Option.

Ziel: 50.000 Besucher

Das soll sich nun ändern. Und zwar mit dem Projekt „Landwasserwelt“. Benannt ist es nach dem Landwasserviadukt, einer imposanten, 65 Meter hohen Steinbrücke aus dem Jahr 1903, über die bis heute Züge rollen. Sie steht im Kanton Graubünden zwischen Alvaneu und Filisur in einer touristisch eher ruhigen Region und soll nun zum Anziehungspunkt für Bahn- und Naturliebhaber gleichermaßen werden.

„Bis zum Jahr 2023 soll die Landwasserwelt weitgehend fertig sein und viele neue Besucher anlocken“, sagt Roman Cathomas, der zuständige Produkt-Manager bei der Rhätischen Bahn für das Unesco-Welterbe. „2023 rechnen wir mit 25.000 Gästen pro Jahr, 2026 sollen es dann schon etwa 50.000 sein.“

Geplant ist nicht der eine große Wurf, vielmehr sollen Aufwertungen an verschiedenen Stellen erfolgen. „Wir möchten das Tal nicht umkrempeln, sondern die bereits vorhandenen Attraktionen sichtbarer machen und ausbauen – alles natürlich im Einklang mit der Natur und mit dem Einverständnis der lokalen Bevölkerung“, so Cathomas. Denn in der Schweiz könne man nicht einfach etwas über die Köpfe der Menschen entscheiden, weshalb man viele gute Argumente und natürlich auch einen soliden Finanzierungsplan brauche.

Aussichtspunkte für Train Spotter

Insgesamt soll das Vorhaben 11,7 Millionen Franken kosten, die Rhätische Bahn wird 4,6 Millionen davon übernehmen. Ein guter Teil des Geldes wird wohl in verbesserte Aussichtsplattformen für Train Spotter in Filisur, Schmitten und Wiesen fließen, auch der Platz unter dem Landwasserviadukt soll für Besucher deutlich attraktiver werden. Das Bahnmuseum Albula in Bergün wird ebenfalls aufgehübscht und mit einer Außenanlage und einem Outdoor-Spielplatz versehen.

Weiterhin geplant sind ein „Baumgleiter“, mit dem man über den Wald schweben kann, und ein „Hof-Hopping“ zwischen verschiedenen Bauernhöfen. Familien mit Kindern oder Personen, die nicht mehr ganz so gut zu Fuß sind, gelangen bereits jetzt mit der Bimmelbahn „Landwasser-Express“ zum Viadukt. Weitere Haltestellen sind in Arbeit.

Und da sich die Schweiz generell immer zum Wandern anbietet und ohnehin viele Aktivurlauber in der Gegend unterwegs sind, wird auch der Bahnerlebnisweg, der bislang von Preda über Bergün nach Filisur führt, mit dem Viadukt verbunden.„Ich persönlich freue mich ganz besonders darüber, dass historische Züge reaktiviert werden“, sagt Manager Cathomas. „Eine Lok aus dem Jahr 1895 wird derzeit fit gemacht, das ist nicht nur ein tolles Erlebnis für Nostalgiker.“

Um problemlos ein- und aussteigen zu können, werden künftig so genannte „Hop-on-Hop-off-Züge“ durch das Tal fahren. Mit einer entsprechenden Fahrkarte können die Passagiere an den Haltestellen Filisur, Schmitten Landwasserviadukt und Alvaneu nach Wunsch aus- und wieder einsteigen und in der Zwischenzeit die Angebote in der Region nutzen.Sollte das Projekt planmäßig fertig werden – und die Chancen dafür stehen in der Schweiz nicht schlecht – wird der Welterbestatus der Rhätischen Bahn tatsächlich demnächst einen enormen Mehrwert für das ganze Tal bringen.

Infos gibt es unter www.landwasserwelt.ch.

Susanne Layh
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