Kanada

Yukon: Mit vollem Tank und Bärenspray

Wasser, Wälder, Berge – für Natururlauber ist Yukon ein spektakuläres Ziel. Foto: wog

Die abgelegene Wildnis des kanadischen Territoriums ist bei Deutschen beliebt

Der US-Grenzbeamte findet das gar nicht komisch: „Ich sage euch doch, ihr werdet nicht bis Dawson City durchkommen. Aber ihr glaubt wohl, wir sind hier ein wenig bescheuert!“ Wir stehen dort, wo der Alaska Highway von Yukon aus bald nach Beaver Creek die Grenze zu Alaska erreicht.

Hinter uns liegen ein spektakulärer Rundflug über die Gletscherfelder des Kluane-Nationalparks und eine Panoramafahrt entlang des Kluane Lake. Der Highway kreuzt auch die weiten Flusstäler von Donjek- und White- River, beides mäandrierende Ungetüme mit zahllosen Verästelungen. Und in den Wäldern zu beiden Seiten der Route glitzern ungezählte Seen.

Den Grenzübertritt mit Schlenker über US-Gebiet nehmen wir auf uns, um weiter nördlich Anschluss an den Top of the World Highway zu finden. Denn der bringt uns – schon wieder auf kanadischem Gebiet – in die legendäre Goldgräberstadt Dawson. Doch heftige Regenfälle haben auf dem Weg dorthin einen ungeteerten Straßenabschnitt unterspült.

Wir kämen also dort nicht weiter, versichert unser gestrenger US-Offizier. Und auf Nachfrage erklärt er gerne, dass bei ihm alljährlich in der Sommersaison bis zu 50.000 Reisende durchfahren. Die kommen dann von Whitehorse oder gar Vancouver mit monströsen Wohnmobilen vorbei, auf der Fahrt Richtung Fairbanks oder Anchorage. Oder sie sind auf Rundreise in den schillernd-blauen Bussen der Holland America Line. Deren Kreuzfahrtschiffe befahren nämlich die spektakuläre Inside Passage die Küste entlang, wo viele Passagiere in Skagway für eine mehrtägige „land expedition“ von Bord gehen.

Und viele Deutsche sind „on the road“. Die netten Damen im Visitor Center in Whitehorse bestätigen: Neben US-Amerikanern stellen sie die größte Gruppe der Yukon-Touristen – vor allem wegen des Condor-Direktfluges von Frankfurt nach Whitehorse.

In Yukon beginnt außerhalb der wenigen Siedlungen sofort die Wildnis. Selbst die Einheimischen achten deshalb darauf, immer mit vollem Tank und Bärenspray unterwegs zu sein. Denn es gilt der Spruch: „Wenn dir der Bär auf den Baum nachklettert, ist es ein Schwarzbär. Wenn er dich runterschüttelt, ist es ein Grizzly.“

Von Yukons Minimetropole Whitehorse aus operieren wichtige örtliche Veranstalter, etwa Ruby Range Adventure. Unternehmenschef Felix Geithner, gebürtiger Münchner, freut sich über eine „großartige Sommersaison“ mit mehr als 80 Prozent deutschsprachigem Gästeanteil für geführte Rundreisen und Wildnistouren in Yukon und Alaska – generiert vor allem aus der Kooperation mit etwa 20 Partnern in Deutschland. Dazu zählt er namhafte Veranstalter sowie auf Nordamerika spezialisierte Reisebüros.

Wir haben inzwischen den US-Grenzposten verlassen und brummen trotz aller Vorwarnung weiter nach Norden. Wir erreichen Chicken, ein bizarres Mininest im Goldgräberstil, bestehend aus einer einzigen Häuserzeile. Genau dahinter beginnt die eigentlich gesperrte Route. Doch wir hatten am Morgen die Straßenbauverwaltung angerufen und wussten: Zu 90 Prozent wird an diesem Tag noch ein letzter Autokonvoi durchgelassen, angeführt von einem „Patrol Car“. Und zwar um 12 Uhr mittags. Jetzt ist es 11.55 Uhr. Also auf nach Dawson!
Wolfgang Gessler
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