Kanada

Indian Summer im Charlevoix

Herbstliche Inspiration: Künstler in Baie St. Paul. Foto: mf

Unterwegs zwischen Quebec und Tadoussac am Saguenay-Fjord

Fast lautlos ziehen die Containerschiffe auf dem Sankt-Lorenz-Strom vor dem geöffneten Zimmerfenster in der Auberge La Goeliche im Örtchen Sainte-Petronille auf der Ile d’Orleans vorbei. Dazwischen tummeln sich die Segelboote der Quebecer, die das schöne Frühherbstwetter für einen Tagesausflug auf dem Strom nutzen, der von hier bis zum Atlantik immer breiter wird.

Fernseher sucht man in diesem Landhotel vergebens. Dafür sind die Zimmer liebevoll in maritimen Dekor eingerichtet und erlauben einen wundervollen Ausblick auf den Sankt Lorenz, dessen Wellen sich an der Kaimauer direkt unterhalb des Hotelzimmers brechen.

Die Ile d’Orleans ist einer der besten Orte, um die Produkte der frucht?baren Farmen zu probieren: Cidre aus heimischen Apfelplantagen, Kürbisgerichte aus lokalem Anbau, Kartoffeln, zahlreiche Sorten von Gemüse, Beeren und sogar Wein schmecken frisch vom Produzenten am besten.

Die herbstliche Farbpalette ist einer der Gründe, warum sich viele Maler in dem kleinen Orten am Nordufer des Sankt Lorenz niedergelassen haben. An der Route entlang des Flussufers fallen immer wieder kleine Galerien am Wegesrand auf, vor denen sie ihre Werke präsentieren. Hauptmotiv ist die Natur und – natürlich – die intensiven Farben des Indianersommers. In Baie St. Paul treffen sich jeden September die Künstler des Charlevoix zum Straßenfest Rêve d’Automne und zeigen ihre neuesten Gemälde.

Wer sich mehrere Tage Zeit nimmt für die gut 200 Kilometer lange Strecke zwischen Quebec City und Tadoussac, dem eröffnet sich eine Welt voller Überraschungen und Kleinode. Während die Basilika Ste. Anne de Beaupre, die Montmorency-Wasserfälle oder die Walarten, die bei Tadoussac vor der Mündung des Saguenay-Fjords nach Nahrung suchen, zu den Highlights jeder Tour durch das Charlevoix zählen, gibt es abseits der Hauptstrecken noch mehr zu entdecken.

Am Cap Tourmente sammeln sich zwischen Ende September und Ende Oktober die Schneegänse zu einer schnatternden und hungrigen Rast in den Binsengraswiesen am Stromufer auf ihrem Flug aus der Arktis zu ihren Winterplätzen an der amerikanischen Ostküste. Entlang der Küstenstraße 362 ab Baie St. Paul finden sich in idyllischen Dörfern noch Spuren der frühen Siedler wie die alte Mühle in Les Eboulements.

Auf der Ile aux Coudres leben die Inselbewohner in einer Welt, in der die Zeit still zu stehen scheint: Mühlen, in denen noch heute Getreide gemahlen wird gibt’s hier ebenso wie Fischer, die entlang der Inselufer ihre Netze auf hergebrachte Weise in den Fluss hinaus spannen. In La Malbaie spürt man noch die Zeit, als sich hier die Prominenz der USA traf – der amerikanische Präsident Howard Taft verbrachte vier Jahre seines Lebens in diesem mondänen Ferienort.

Versteckte kleine Buchten am Ende von Nebenstraßen, idyllische Wasserfälle, die nur durch das Gatter eines Camping-Platzes erreichbar sind, und der kaum bekannte Nationalpark Les Hautes-Gorges-de-la-Riviere-Malbaie liefern kanadisches Naturerlebnis par excellence. Boots-, Kanu- oder Wandertouren vorbei an herbstlichen Laubwäldern zeigen den Indianersommer von seiner schönsten Seite.
Monika Fuchs
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