USA

All you need is love

„Stadt der brüderlichen Liebe“: Die Buchstaben-Skulptur soll an die Gründung der Nation im Jahr 1776 erinnern. Foto: pj

Die US-Metropole Philadelphia am Delaware River in Pennsylvania ist die kleine Schwester von New York City

Irgendwie kommt einem die Umgebung merkwürdig vertraut vor. Es gibt auch einen guten Grund dafür. Denn die Stufen vor dem riesigen "Museum of Art" schrieben Filmgeschichte: Box-Champion "Rocky" alias Sylvester Stallone rannte sie während seines Trainings immer wieder rauf und runter.

Von dem Gebäude im klassizistischen Stil sind es nur wenige Kilometer bis zum Zentrum von Philadelphia. Dort leuchten die vier roten Lettern, die das Wort "Love" ergeben, auf einem großen Platz mit Springbrunnen. Die markante Buchstaben-Skulptur im Love-Park erinnert an die Geburt einer Nation, die bei ihrer Aufstellung 1976 ihr 200-jähriges Jubiläum feierte.

In Philadelphia - was im Altgriechischen "Stadt der brüderlichen Liebe" bedeutet - hat der Freiheitsbegriff eine lange Tradition: Der amerikanische Traum wurde hier am Delaware River 1776 mit der Unabhängigkeitserklärung von 13 Bundesstaaten geboren. Von 1790 bis 1800 war Philadelphia sogar die erste Hauptstadt der Vereinigten Staaten.

Trotz seiner eigentlich idealen Lage wird Philadelphia von deutschen Ostküsten-Reisenden häufig ignoriert. Gründe, der immerhin sechstgrößten Stadt der USA mit ihren 1,5 Millionen Einwohnern einen Besuch zu widmen, gibt es indes mehrere als diese strategisch günstige Position auf halbem Weg zwischen Washington DC und New York: Kultur, Essen und Geschichte werden hier nämlich groß geschrieben. Und ganz im Gegensatz zum etwas stressigen Manhattan kann man sich hier in zwei, drei Tagen leicht zu Fuß orientieren. Entweder dem eigenen Kompass folgend oder aber entlang einer geführten "Mural"-Tour. Diese Wandgemälde an Gebäuderückfassaden reichen oft über mehrere Stockwerke und erzählen viel von Stadt- und Staatsgeschichte.

In der näheren Umgebung des Rathauses, der altehrwürdigen City Hall, prägt postmoderne Hochhausarchitektur neben historischen Bauwerken das Stadtbild in einer auch nach Büroschluss quicklebendigen Downtown. Die Magistrale "Market Street" beginnt hier und führt direkt zum Unabhängigkeitsplatz. Im Süden dieses Gründungsgeschichtlichen Epizentrums der USA liegt der Waterfront District.

Ganze Straßenzüge und Viertel mit Backsteinhäusern, die aus der britischen Kolonialzeit stammen und damit älter als die Vereinigten Staaten sind, haben hier die letzten Jahrhunderte überdauert. Der systematische Grundriss mit Gitterstruktur, wie er für jede amerikanische City typisch ist, wurde in Philadelphia erstmals im großen Stil realisiert. Die quadratische Anlage von Straßen und Plätzen geht auf den Staatsgründer von Pennsylvania, den Quäker William Penn zurück.

Dass es sich auch um eine Stadt der Museen handelt, ist nirgendwo so ersichtlich wie rund um den Independence Square: Die wichtigsten Gedenkstätten zum amerikanischen Freiheitskampf und der Verfassungsgeschichte gruppieren sich um das weitläufige Geviert. Direkt am geschichtsträchtigen Platz hat Ende 2010 der Designer-Neubau des Museums der Amerikanisch-Jüdischen Geschichte eröffnet: Auf mehreren Etagen sind alle Epochen der Einwanderung seit dem 17. Jahrhundert bis in die Gegenwart des Judentums in den USA spannend und lehrreich aufbereitet.
Peter Jaitner
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