Ecuador

Tarnkappe im Tierreich

Ein Mensch - na und? Die Seelöwen lassen sich von Touristen nicht bei ihrer Lieblingsbeschäftigung stören.

Ein Mensch - na und? Die Seelöwen lassen sich von Touristen nicht bei ihrer Lieblingsbeschäftigung stören.

Die Galapagos-Inseln sind alles andere als ein Naturzoo

Ein Seelöwe liegt schlafend auf der schattigen Bank. Umringt wird er von einer Traube Touristen, die vom Flughafen Baltra kommen und hier auf dem Anleger ihr Boot erwarten, das sie mitten in die Tierwelt bringen soll. Doch den Seelöwen stören die Menschen wenig, er öffnet nicht mal die Augen und döst friedlich weiter.

Willkommen auf Galapagos, im Reich der Tiere! Ob Robben oder Schildkröten, Vögel oder Leguane – von den 100.000 staunenden Menschen, die alljährlich die pazifische Inselgruppe besuchen, nehmen sie nicht die geringste Notiz. Wie unter einer Tarnkappe fühlt sich der Besucher, der mitten durch die einzigartigen Tierpopulationen stapft und ihr Treiben aus nächster Nähe beobachten kann. Und auf jeder der zahlreichen Inseln bietet sich ein anderes exotisches Szenario: Arten, die zu einem großen Teil nur an dieser Stelle zu finden sind, und miteinander ganz eigene, manchmal bizarre Formen des Zusammenlebens entwickelt haben. Fregattvögel beim Futterraub
Zum Beispiel auf Nord-Seymour. Die Insel, die wir als erste auf unserer Galapagos-Tour erkunden, ist bekannt für ihre Fregattvögel. Die schwarzen Tiere sitzen zu Dutzenden im niedrigen Gesträuch der Insel und zeigen ihre markanten leuchtendroten Kehlsäcke, die sie zu beachtlicher Größe aufplustern können. Mit ihren breiten Flügeln können sich die Fregattvögel auf bis zu drei Kilometer Höhe emporschwingen, aber zur Nahrungssuche sind sie zu faul. Das bekommen die Blaufußtölpel zu spüren, die das kleine Eiland gleichfalls bevölkern: Ihnen ziehen die räuberischen Vögel mit ihren langen Schnäbeln das Futter ganz ungeniert aus dem Hals. Survival of the fittest! Kein Wunder, dass sich Charles Darwin vor allem von seinen Beobachtungen auf den Galapagos-Inseln zur Evolutionstheorie inspirieren ließ. Weiter geht es mit dem Boot nach Süd-Plaza, wie Nord-Seymour unweit der Hauptinsel Santa Cruz gelegen. Süd-Plaza überrascht uns mit einem frühlingshaften Teppich aus saftiggrünem Gras und leuchtendgelben Blüten – ein seltener Anblick hier, denn die vielfach baumlosen, felsigen Inseln sind den meisten Teil des Jahres über trocken und nur mit Sträuchern und Kakteen bestanden. Hier tummeln sich zahlreiche Leguane, während am Strand unzählige Seelöwen aus dem Wasser robben, und über uns die Nachtmöwen und Pelikane kreisen. Wer diese Inselchen durchstreift, fühlt sich wie in einem unberührten Naturparadies, auch wenn einige Male am Tag 20-köpfige Touristengruppen an Land gehen. Doch die Idylle ist und war schon immer von Eindringlingen bedroht. Das wird uns klar, als wir am nächsten Tag die ?Darwin-Forschungsstation besuchen. Hier in Puerto Ayora, dem größten Ort der Inselgruppe, wird seit 44 Jahren daran gearbeitet, das empfindliche Ökosystem der Galapagos-Inseln zu bewahren, vor allem durch die Aufzucht von Schildkröten. Denn den gepanzerten Reptilien waren vielfach besonders bedroht: Lange Zeit wurden sie massenhaft als Nahrungsquelle für die Schifffahrt genutzt, später war ihr Nachwuchs durch eingeführte Tiere wie Hunde und Ratten bedroht. Und auch Touristen sind nicht viel besser: Weil mancher Besucher der Forschungsstation sich gerne mal eine kleine Schildkröte in die Tasche steckte, werden die Tiere jetzt hinter Maschendraht verwahrt. George wartet auf Nachwuchs
Mancher Reptilienart hat die Darwin-Stiftung durch ihre Arbeit bereits das Überleben gesichert. Doch das gelingt nicht immer: Der berühmteste Bewohner der Einrichtung ist ein trauriger Einzelgänger namens Lonesome George. George ist das letzte Exemplar der Riesenschildkröten, die einst auf der Insel Pinta lebten. Seit Jahrzehnten bemühen sich die Biologen der Darwin-Stiftung, das 90-Kilo-Männchen zur Fortpflanzung zu bewegen – bislang erfolglos. Doch mit seinen 80 Jahren ist George für eine Schildkröte noch im besten Alter.

Klaus Pranger

 

Galapagos-Infos
Die Galapagos-Inseln liegen rund 1.000 Kilometer westlich von Ecuador im Pazifik und bestehen aus 14 größeren und über 100 kleineren Inseln. Die beiden Flughäfen Baltra und San Cristobal sind von Quito oder Guayaquil aus mit Tame oder Aerogal erreichbar. Der Archipel ist von der Unesco als Weltnaturerbe anerkannt, wurde aber 2007 auf die Rote Liste der gefährdeten Stätten aufgenommen.
Touren auf die Galapagos-Inseln gibt es in Kombination mit Rundreisen in Ecuador und Peru bei Gebeco, Studiosus, Ikarus, Meier's Weltreisen. Dertour, Meier's, Neckermann, Thomas Cook Reisen, Ikarus Tours, Miller-Reisen und Gebeco bieten außerdem Bausteintouren, Kreuzfahrten oder längere Reisen mit Galapagos als Schwerpunkt.