Oman

Urlaub der offenen Tür

Oman hat immer noch das Flair von Tausendundeiner Nacht. Foto: ta

Omanis sind extrem freundlich – und das nicht nur, weil der Sultan es will

Plötzlich geht das Tor auf. Das Touristenpärchen schaut verdutzt und entschuldigt sich für seine Neugierde. Hatten die beiden doch durch einen Spalt in einen der Innenhöfe der Al-Barid-Straße in der Altstadt von Muscat gelugt. Der Mann in seiner schneeweißen und fein gebügelten Dishdasha, der die Tür von innen öffnete, ist ebenfalls überrascht, sagt dann aber: „Kommen Sie doch herein. Ich zeige Ihnen gerne unsere Majlis.“ Er meint den Versammlungsraum, in dem sich die Frauen zum Tratsch treffen oder die Männer zum Wasserpfeife rauchen.

Der Sultan – Qabus ibn Said Al Said – hat beschlossen, dass seine Untertanen größtmögliche Höflichkeit gegenüber Touristen an den Tag zu legen haben. Das würde wohl aber auch von allein funktionieren. So antwortet der Taxifahrer, nach dem Fahrpreis zur Großen Moschee gefragt: „Zehn Rial. Wenn Sie denken, dass es zu viel ist, bezahlen Sie weniger.“ Im Souk zeigt ein Händler den Weg zum Konkurrenten, nachdem der Kunde nicht ganz schlüssig ist. Es gibt kein Grapschen, kein Bedrängen, man hat sogar den Eindruck: Selbst das finsterste Eck des Basars ist der sicherste Platz der Welt.

Qabus ist der Schlüssel zu Oman. In Europa ausgebildet, erkannte der damals 24-jährige Rückkehrer, dass die Heimat von seinem Vater im tiefsten Mittelalter gehalten wurde. Sechs Jahre später putschte er gegen den Papa und wurde 1970 der neue Sultan. Oman öffnete sich langsam – und lebt auch heute noch beschaulich. Mag sich die Welt ringsum im ICE-Tempo verändern, in dem kleinen Land am Indischen Ozean dauert eben alles ein bisschen länger.

Das ist vielleicht der Grund, warum die Heimat von Sindbad, dem Seefahrer, auch im 21. Jahrhundert noch immer ein wenig nach Tausendundeiner Nacht klingt. Und das, obwohl auch in den Basaren zwischen Musandam im Norden und Salalah im Süden I-Phones und Blackberrys um die Wette klingeln. Oman Air führte sogar als erste Fluggesellschaft die Möglichkeit ein, während des Flugs zu surfen, zu simsen und zu telefonieren.

Die Hauptstadt Muscat ist mit ihrer Großen Moschee, dem Sultanspalast und Souk eingeklemmt zwischen dem bei Tauchern beliebten Indischen Ozean und dem bis zu 3.000 Meter hohen Hajar-Gebirge, dessen Berge wie Alpenkämme wirken, bei denen zehn Jahre der Regen ausblieb. Dahinter erstrecken sich menschenleere Wüstenlandschaften, ehe sie vor Salalah in einen riesigen tropischen Garten mit Bananenstauden und Kokoshainen münden.

Eine Eigenheit ist die Halbinsel Musandam: eine Enklave, mit Buchten, die versteckt sind wie einst Piratennester. Nizwa, die ehemalige Hauptstadt im Hajar-Gebirge, ist eine typische Oasenstadt. Und 30 Kilometer weiter, in Bahla, ist die Enttäuschung groß: Am Weltkulturerbe Hisn Tamah, einer mächtigen omanischen Lehmfestung, sind die Türen verschlossen. Nicht einmal durch einen Schlitz kann man einen Blick ins Innere werfen. Ein Passant bemerkt die Ratlosigkeit der Gäste und ruft: „Die Burg wird nun schon seit mehr als 15 Jahren restauriert. Warten hat keinen Sinn. Kommt mit in mein Haus. Wir trinken einen Tee.“ Sultan Qabus wäre stolz auf ihn.
Jochen Müssig
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