Indonesien

Wo Gras unter Wasser wächst

Seegras ist die wichtigste Einnahmequelle für etwa 1.000 Familien auf Lembongan.

Ein Besuch auf Balis Nachbarinsel Lembongan

Die Unterwasserwelt ist auch für Taucher reizvoll. Fotos: jm

Im Allgemeinen wird Lombok als die Schwesterinsel von Bali bezeichnet. Dabei haben die beiden Eilande kaum etwas miteinander zu tun und nur wenig Vergleichbares, was auch zu erklären ist: Zwischen Bali und Lombok liegen zwar nur rund 40 Kilometer, aber auch ein tiefer Meeresgraben und die Wallace-Linie.

Der englische Naturforscher, nach dem die Grenzlinie benannt wurde, erkannte schon früh, dass jenseits von Bali - und in der Verlängerung jenseits des nördlich gelegenen Borneo - verschiedene Formen und Arten der asiatischen Fauna und Flora nur noch sporadisch auftauchen. So gesehen müsste man eigentlich von Nusa Lembongan, Nusa Ceningan und der großen Nusa Penida als Balis Schwesterinseln sprechen, da alle drei westlich der Wallace-Linie liegen.

Lembongan ist die touristisch am stärksten erschlossene Insel. Mitte der 90er Jahre öffnete dort das erste Resort. Inzwischen zählt man auf der 7.000-Einwohner-Insel ein Dutzend Bungalow-Anlagen. Eine asphaltierte Straße gibt es aber noch nicht.

Acht Ausflugsboote laufen Lembongan täglich von Bali aus an. Zu jedem Schiff gehört ein Strand, ein Resort mit Restaurant, Bar und Pool sowie ein im Meer verankerter Ponton. Es werden Tauch- und Schnorchel- oder Glasboden-Bootstouren organisiert, Inselerkundungen angeboten, und beim Parasailing können Urlauber die Welt von oben sehen.

Erst gegen Nachmittag, wenn die Katamarane die Insel verlassen haben, kehrt wieder die sonst übliche Ruhe ein. Aufgrund der Wellen bietet sich Lembongan auch gut zum Surfen an, und bei Ebbe kann man zur südlich gelegenen, unbewohnten Insel Ceningan waten. Die meisten Übernachtungsgäste sind Taucher. Es gibt viele Korallen und Rifffische.

Besonders im Kanal zwischen den Inseln herrscht eine starke Strömung. Dort sieht man Großfische wie Thuna, Barakudas oder Ammenhaie. Weitere gute Plätze für erfahrene Taucher befinden sich an der Nordspitze: Mangrove Point, Crystal Bay, Blue Corner Tip und Manta Point, wo zuweilen auch Mantarochen beobachtet werden können.

60 Prozent der Küsten von Lembongan sind Seegrasplantagen. Die meisten Bewohner der beiden Dörfer Jungutbatu und Lembongan leben davon. Die Nachfahren der Strafkolonie des früheren Königreichs Klungkung haben die Plantagen in stets gleichbleibend warmen, ruhigen, aber immer mit Frischwasser versorgten Meeresbuchten in etwa zwei Meter Tiefe hinter dem schützenden Riff angelegt. Eine Familie erntet in einer guten Sommersaison etwa eine Tonne pro Monat, die gut 250 Euro einbringt.

Das Seegras versorgt etwa 1.000 Familien auf der Insel und sichert ihnen ein weitgehend risikofreies Einkommen, während es beim Fischfang stets auch Tage ohne Fang gibt. Japan ist der Hauptabnehmer des Seegrases, nur ein kleiner Rest bleibt in Bali und wird etwa für die Zubereitung einer geleeartigen Süßspeise oder für Seegrassalat genutzt. Last, but not least: Wer sich für Perlen interessiert, ist ebenfalls richtig auf Lembongan. In der Pearl Farm kann man den ganzen Prozess der Perlenzucht beobachten.
Jochen Müssig