Korea

Gesprenkelt mit heiligen Orten

Zahlreiche buddhistische Tempel sind in Korea zu sehen. Fotos: mw

Südkorea ist eine High-Tech-Nation voll lebendiger Tradition

Am Zugfenster zieht eine kontrastreiche Landschaft vorbei. Unter Wasser stehende Reisfelder reichen bis an die Bahntrasse heran. Dahinter erheben sich Wohntürme. Die Hochhaussiedlungen stehen nicht nur in den Tälern, sondern sind auch an die Berghänge gebaut, die sich bis in die urbanen Zentren erstrecken.

Von grünem Mischwald bewachsene Höhenzüge prägen die Landschaft Südkoreas. Hier ragt ein großer goldener Buddha im Lotussitz heraus, unweit davon steht eine evangelische Kirche. Papierlaternen in Rot, Gelb und Orange weisen den steilen Weg zu einem buddhistischen Tempel. Dann ein Industriegebiet mit Fabriken, Lagerhallen und Zementwerk.

Die Zugfahrt mit 300 Stundenkilometer Spitzengeschwindigkeit von Seoul zur 2,5-Millionen-Metropole Daegu, wo im vergangenen Jahr die Leichtathletik-Weltmeisterschaft und die Jahrestagung des Deutschen Reise Verbandes ausgetragen wurden, ist eine Reise zwischen Tradition und Moderne. Zwei Pole, die weniger einen Gegensatz als vielmehr ein Gleichgewicht bilden in der von Buddhismus und Konfuzianismus sowie Schamanismus und Christentum geprägten Industriegesellschaft Südkoreas.

"Es gibt in Südkorea viele Kraftorte, vor allem in den Bergen, aber auch in den Ebenen", sagt Lee Charm, der Chef der koreanischen Tourismusorganisation (KTO). Der gebürtige Deutsche lebt seit 1978 in dem ostasiatischen Land, hat die koreanische Staatsangehörigkeit und einen koreanischen Namen angenommen. "Er spricht die Landessprache besser als ich", betont der Bürgermeister von Daegu, Bumil Kim, während eines Abendessens in einem traditionellen Restaurant.

Die Gäste, in Anzug und Kostüm gekleidet, speisen im Schneidersitz auf dem Boden an niedrigen Tischen. Es gibt scharf gewürztes Rindfleisch, das Kellnerinnen am Tisch grillen. Als Besteck werden Stäbchen aus Metall gereicht.Ein berühmter Kraftort sei Gyeongju, sagt Lee Charm. "Ein Muss für jeden Besucher Südkoreas." Etwas mehr als eine Stunde kurvt der Bus auf einer gut ausgebauten Straße durch eine dicht bewaldete Landschaft aus Hügeln und Bergen.

Die mit 280.000 Einwohnern mittelgroße Stadt ist Weltkulturerbe mit 250 historischen Stätten. Seit 57 nach Christus erlebte Korea im Silla-Reich eine kulturelle Blütezeit. Der Buddhismus wurde offiziell eingeführt. Gyeongju - damals Seorabeol oder Geumseong genannt - war als "Goldene Festung" fast ein Jahrtausend die Hauptstadt des Reiches. Danach fiel die Stadt, die einst eine Million Bewohner gezählt haben soll, in eine Art Dornröschenschlaf. Erst in den 1970er Jahren erhielt die Öffentlichkeit durch zahlreiche Ausgrabungen eine Vorstellung von dem kulturellen Reichtum dieser Zeit. Die wichtigsten Kulturstätten liegen nahe beieinander.

Im Tumuli-Park wandert der Gast durch eine Landschaft aus hohen, von Gras bewachsenen Hügelgräbern. Mehr als 200 dieser königlichen Ruhestätten wurden bis heute entdeckt. Ein Meisterwerk buddhistischer Baukunst mit zahlreichen Buddha-Statuen ist der Bulguksa-Tempel aus dem achten Jahrhundert. Der Namsan-Berg ist gesprenkelt mit heiligen Orten. Wer hier wandert, kommt der koreanischen Seele vielleicht am nächsten.
Michael Winckler
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