Korea

Wo der Fluss zurückkehrt

Korea kann auch anders als modern – etwa in Hahoe

Manche Siedlungen haben schlichtweg Glück. Konflikte, fremde Armeen, Streitigkeiten zwischen Clans oder gar der Koreakrieg: Nichts hat Hahoe etwas anhaben können. Seit mehr als sechs Jahrhunderten trotzt das Dorf seinen Feinden, seien es Invasoren oder wagemutige Architekten.

Die kleine Siedlung nahe Andong im Osten der Halbinsel ist bis heute ein typisches Clan-Dorf, wie es sie einst in Korea überall gab: Gedrungene Häuser reihen sich an engen Gassen, braune Lehmwände mit Holztoren umgeben die einzelnen Höfe, dahinter recken knorrige Kakibäume ihre Äste gen Himmel. Mittendrin liegt der schamanische Samsindang-Schrein mit einem 600 Jahre alten Zelkova-Baum. Kaum ein koreanischer Besucher versäumt, hier einen kleinen Papierzettel mit einem persönlichen Wunsch anzuknüpfen.

Rund 100 Familien leben in Hahoe, von denen der überwiegende Teil zum Ryu-Clan zählt. Ihnen gehören vor allem die Anwesen im Zentrum des Dorfes. Welche Stellung die ursprünglichen Bewohner in der streng konfuzianischen Gesellschaft innehatten, lässt sich leicht an den Dächern erkennen: Ziegel für die Oberschicht, Stroh für die Bediensteten oder einfachen Bürger, das ist bis heute so.

Unter Koreanern ist Hahoe eine bekannte Adresse: Etliche konfuzianische Gelehrte brachte das Dorf hervor und sogar einen Premierminister, wenn auch im 16. Jahrhundert. 2010 wurde es von der Unesco zum Weltkulturerbe erklärt. Seither leben die Bewohner quasi in einem Museum: Wer ins Dorf will, braucht eine Eintrittskarte.

Auch mit der Ruhe ist es tagsüber vorbei. Regelmäßig stöbern koreanische Schulklassen durch die Gassen, und sogar die internationale Prominenz lässt sich hier und da blicken. Immerhin waren, zum Stolz der Hahoer, sogar die Queen und George W. Bush schon da.

Dass ausgerechnet Hahoe es nahezu unbeschadet bis in die Moderne schaffen konnte, mag übrigens seiner Lage geschuldet sein, die den früheren Bewohnern einen natürlichen Schutz bot und sich auch im Namen niederschlägt: Wörtlich übersetzt bedeutet er „wo der Fluss zurückkehrt“. Das Dorf liegt in einer Schlinge des Nakdong-Flusses, gegenüber einer Steilwand. Von dort lässt sich Hahoe wunderbar betrachten – aber eben nicht erobern.

Francoise Hauser

Hahoe in den Katalogen
Ein Besuch in Hahoe ist Programmpunkt bei vielen Südkorea-Rundreisen, unter anderem bei Gebeco, TUI, FTI, Meier’s Weltreisen, Ikarus Tours, Diamir, Dertour, Bavaria Fernreisen, Reisefieber und Marco Polo. Informationen zum aktuellen Besucherprogramm gibt es unter www.hahoe.or.kr.