Mit der Alternative Tourism Group kann man Israel und Palästina aus einem neuem Blickwinkel erleben
Die Idee entsteht 1995. Als Reaktion auf die Besetzung des Westjordanlandes durch Israel kaufen die Bewohner von Bait Sahur nahe Bethlehem 18 Kühe, gründen eine Milch-Kooperative und verweigern das Zahlen von Steuern an Israel. Es ist eine politische Botschaft. Und sie hat Konsequenzen.
Israels Behörden versuchen fortan mit allen Mitteln, die 18 Milchkühe zu finden. Selbst die Armee ist im Einsatz. Die Tiere jedoch bleiben verschwunden: Sie werden von den Palästi-nensern mal hier, mal da versteckt.
Palästina, wie es wirklich ist
Damit avancieren die Kühe zu den berühmtesten Flüchtlingen der Region. „The Wanted 18“ heißt der viel gepriesene Dokumentarfilm über diese skurrile Geschichte.
Sie ist auch der Anlass für die Gründung der „Alternative Tourism Group“ ATG mit Sitz in Bethlehem. Ziel ihrer Reiseangebote ist es, Israel-Besuchern die andere Seite des Heiligen Landes zu zeigen: Die Realität in den besetzten Gebieten Palästinas.
„Natürlich zeigen auch wir unser reiches historisches Erbe, aber uns geht es immer auch um die Gegenwart. Wir wollen Perspektiven ändern“, sagt Rami Kassis, Mitinhaber der Non-Profit-Organisation. Es sei wichtig, dass der Tourismus nach Palästina nicht nur durch israelische Agenturen angeboten werde.
Bis 1996 hatten diese die Region im Griff: Palästinenser waren als Tourguides oder Hoteliers schlichtweg verboten. „Das hat sich zum Glück geändert“, berichtet Kassis und verweist auf die Chance, mit Hilfe eigener Agenturen Touristen und Einheimische zusammenzubringen, den Austausch zu fördern und Verständnis für die Situation der Palästinenser zu wecken.
Dabei ermuntert ATG die Incoming-Agenturen, auf Massentourismus mit Bussen von bis zu 80 Passagieren zu verzichten und einen Tourismus zu fördern, der sich positiv auf die gastgebende Bevölkerung auswirkt. Außerdem wurden neue Produkte entwickelt.
Übernachten bei Familien
Zu ihnen gehören unter anderem Übernachtungen bei Familien, Treffen sowohl mit Muslimen als auch mit Christen und Juden, kombinierte Kultur- und Solidaritätsreisen etwa zur Olivenernte sowie mehrtägige Wanderungen auf dem Nativity Trail, der den Spuren von Maria und Josef folgt. „Palästina besteht nicht nur aus Bethlehem und der Geburtskirche Christi“, sagt Kassis. Auch, wenn man darauf „sehr stolz“ sei, wolle man Gästen gerne auch das unbekanntere Palästina zeigen.
Übernachtet wird in Gästehäusern, bei Familien, im Zelt sowie im Beduinencamp. Mehr als 1.000 Gäste pro Jahr erleben auf diese Art Palästina von einer anderen Seite.
Neu ist eine Kooperation mit der nichtkommerziellen Organisation Bethlehem Fair Trade Artisans. Ihr Ziel ist es, regionalen Produzenten zu helfen, nachhaltig und erfolgreich am Markt aufzutreten und damit ihren Mitarbeitern faire Arbeitsbedingungen zu bieten.
Einblicke in traditionelles Handwerk
„Wir präsentieren Bethlehem durch die Handwerkskunst“, sagt Marketing-Managerin Salam Sahori und führt ihre Gäste durch eine Werkstatt, in der Olivenholz zur Küchenutensilie wird. Später geht es in eine Keramikfabrik und ins hauseigene Craft Village.
Rund 3.000 Handwerksfirmen hat die Kooperation inzwischen unter Vertrag. Die gemeinsam mit der ATG aufgelegte Reise zeigt den Besuchern ihre Welt – genauso aber historische und landschaftliche Reize der Region.
Kassis und Sahori sind davon überzeugt, mit dem eigenen Konzept auch einem weltweiten Trend zu folgen: „Viele Menschen legen immer mehr Wert auf verantwortlichen, fairen und nachhaltigen Tourismus. „In Palästina ist er bereits Realität.“
Matthias Gürtler
Info: So kann gebucht werden
Die genannten Anbieter und ein Teil ihrer Produkte sind direkt über die Agenturen oder über den Berliner Veranstalter Falk Reisen buchbar. Präsentiert werden sie in einem knapp 150 Seiten starken Katalog, der mit Hilfe der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) sowie der Reisebüro-Kooperation TSS aufgelegt wurde.
Bestellt werden kann die Broschüre per E-Mail an tours(at)falk.world.