Vietnam

Südvietnam: Trubel und Entspannung

Schwimmender Markt im Mekongdelta: Foto: ah

Von Ho-Chi-Minh-Stadt ins Mekongdelta

Typische Altstadtgasse in Ho-Chi-Minh-Stadt: Foto: ld

Abends um halb sechs, wenn die Dämmerung hereinbricht und die Lichter an den Glitzerfassaden aufblitzen, schwillt der Strom der Mopeds in der Rushhour zu einer brausenden Flut an. Für Fußgänger ist es schwierig, über die Straße zu kommen. Ampeln gibt es nur wenige, doch mit ein bisschen Übung gelingt es Touristen, sich zwischen den Hondas durchzuschlängeln.

Eine brodelnde Metropole
Ho-Chi-Minh-Stadt, das ehemalige Saigon, mit dessen Fall 1975 der Vietnamkrieg zu Ende ging, ist heute eine brodelnde Metropole. Seit sich das kommunistische Regime der Marktwirtschaft öffnete, ist der Wandel von Marx zu Money in vollem Gange. Wer zum 49. Stock des Bitexco Financial Towers hinauffährt, hat von der Besucherplattform einen faszinierenden Rundumblick über Vietnams größte Stadt, die von ihren Bewohnern längst wieder Saigon genannt wird. Tief unten erstreckt sich das gigantische Häusermeer in einem zügellos zusammengewürfelten Stil.

Da ragen Hochhäuser inmitten alter Siedlungen in den Himmel, zwischen niedrigen und mehrstöckigen Gebäuden scheinbar planlos verstreut, während darunter die goldene Kuppel eines Heiligtums aufblitzt.
„Die meisten Hochhäuser sind in den letzten sieben Jahren entstanden“, sagt der Architekt Axel Korn bei einem Gang durch die Innenstadt, dem District 1. Er lebt seit 18 Jahren in der Boomtown und baut vor allem für asiatische Auftraggeber. „Ich arbeite nicht für den Staat“, sagt er, „weil er so korrupt ist. Man kann hier keinen Büroturm errichten, ohne dass ein Minister dahinter steht.“ Allerdings könne die Stadt nicht bauen, ohne Entschädigungen an Umgesiedelte zu zahlen.

Drei Generationen unter einem Dach
Doch das Alte ist noch nicht ganz verschwunden. In die engen Gassen des traditionellen Blumenmarktes Ho Thi Ky jenseits des Bitexco-Turms passt kein Auto hinein.

Hier wohnen noch drei Generationen unter einem Dach. Das Leben findet vor der Haustür statt, es wird gekocht, gegessen, geschwatzt. Außer prachtvollen Blumengestecken werden frisch zubereitete Reisgerichte, Gemüse, Meeresfrüchte und Trockenfisch verkauft. Zum Sortiment des Marktes gehören auch Käfige mit Vögeln und Drahtgestelle mit Kampfhähnen. Touristen sehen die Bewohner hier so selten, dass sie verlegen kichern und manche erschrocken den Kopf wegdrehen.

Für Saigon-Besucher gehört ein Abstecher ins Mekongdelta fast immer dazu. Die Fahrt auf der vierspurigen Autobahn dauert 90 Minuten. Sie zerschneidet die großen Reisfelder, auf denen die Bauern ihre Toten in tempelartigen Grabbauten bestatten. Abseits der Hauptstrecke, nahe dem Ort Ben Tre, stehen E-Bikes bereit, um rauf Dschungelpfaden in das Labyrinth aus Flussarmen, Brücken und Siedlungen einzutauchen. Bei einer Teepause im Garten der Familie Quang dürfen die Gäste Früchte probieren: Rambutan, Longan, Mangustin, Pamelo und Kokosnüsse.

Die Radtour endet vor einem Cao-Dai-Tempel oberhalb des Mekong. Dort geht es an Bord eines Holzschiffes im traditionell indochinesischen Stil. Unzählige Nebenflüsse und Kanäle verbinden die acht großen Mündungsarme, bevor sie ins Südchinesische Meer fließen. Schon vor Sonnenaufgang schippern mehrstöckige Hausboote und Kutter, den Bauch voller Früchte, Zuckerrohr und Pflanzen, zum schwimmenden Markt von Cai Rang, dem größten Umschlagplatz für die Produkte der Region.

Mittendrin frühmorgens auf dem Fluss das geschäftige Treiben zu beobachten und anschießend durch Can Tho, die Hauptstadt des Mekongdeltas zu bummeln, ist ein tolles Erlebnis.

Lottemi Doormann