Nepal

Himalaja: Globales Gipfeltreffen

Heiliger Berg: Die Wanderung zum Annapurna führt auch am Machapuchare vorbei.

Heiliger Berg: Die Wanderung zum Annapurna führt auch am Machapuchare vorbei.

Winter-Trekking zum Basecamp des Annapurna-Massivs – geht das?

Blick von Pokhara auf das Massiv des Annapurna

Blick von Pokhara auf das Massiv des Annapurna

Keramikherstellung im Zentrum von Bhaktapur.

Keramikherstellung im Zentrum von Bhaktapur. Fotos: mg, pixabay

Das Audiosystem von Turkish Airlines läuft noch, als die ersten Berge sichtbar werden. „The wind swept through the apartment“, singt Suzanne Vega. Ich blicke in Richtung Himalaya und frage mich, welcher Wind dort gerade über die Gipfel pfeift.
Denn es ist Winter, fünf Tage noch bis Silvester. Kann man in dieser Zeit in Nepal trekken? Kommt man vielleicht sogar bis ins Basislager des Annapurna auf 4.230 Metern Höhe?

Im Internet ist darüber nicht viel zu finden. Doch Ambros Gasser, Chef von ASI Reisen, hat mir vor Wochen versichert: „Es gibt eine Zusage der Nepalesen, dass in jedem Ort mindestens eine Lodge geöffnet ist.“

Mit großen Augen bestaune ich die Sieben- und Achttausender, die in der Ferne in der Sonne strahlen. „Fasten your Seatbelts“, sagt die Stewardess von Flug TK 726. Unter uns liegt Kathmandu, die Hauptstadt von Nepal. Istanbul ist gut sieben Stunden entfernt. Die Maschine von Turkish Airlines setzt zur Landung an, das Abenteuer Himalaya kann beginnen.

Exakt 25 Jahre ist es her, seit ich zum letzten Mal in Nepal war. Damals wanderten wir in zwei Wochen rund um das Annapurna-Massiv, dieses Mal soll es in acht Tagen zu seinem Sockel gehen. Wir haben insgesamt nur zwei Wochen Zeit – und wollen natürlich auch einen kleinen Einblick in die großartige Kultur dieses Landes bekommen.

Kathmandu zeigt sich nahezu unverändert, nur der Verkehr hat deutlich zugenommen. Die Stadt ist mystisch und schmutzig, anziehend und abstoßend. Das Positive: Die Spuren des Erdbebens im April 2015 sind weniger sichtbar als befürchtet und treten nur am Durbar Square in Erscheinung: eingestürzte Pagoden werden dort wieder aufgebaut, historische Fassaden sind abgestützt, warten auf die Sanierung.

Völlig unverändert sind die coolen Geschäfte und Restaurants im Stadtteil Thamel, die Faszination der buddhis‧tischen Stupas in Swayambunath und Boudhanath sowie das Hindu-Heiligtum Pashupatinath an den Ufern des Baghmati-Flusses. Ebenso unverändert ist die freundliche Art der Nepalesen: „Welcome to Nepal, great to have you here.“ Der Satz ist mehr als ein Spruch. Er kommt von Herzen.

Dies spüren wir immer wieder auch auf unserem Trekking, das in Pokhara per Taxi beginnt. Grandios liegt der grandiose Gipfel des fast 7.000 Meter hohen Machapuchare vor uns. Ihm, der jetzt noch 40 Kilometer Luftlinie von uns entfernt liegt, werden wir in den nächsten Tagen immer näher kommen.

Gewandert wird in Nepal zumeist auf Wegen, die Dörfer miteinander verbinden und den Einheimischen für die Bewirtschaftung ihrer Felder dienen. Erst ab 3.000 Metern, manchmal sogar erst später, wird das Gelände alpin. Klettern müssen wir auf dem Basecamp-Trek zum Annapurna nie. Dies ist eine Wanderung für jedermann, insofern man entsprechend fit ist.

Selbst ein Zelt ist auf dieser Tour nicht nötig, oft gäbe es dafür nicht einmal einen richtigen Platz. Wie von ASI-Chef Gasser zugesichert, gibt es in regelmäßigen Abständen geöffnete Lodges. Egal, wie man zu ihnen steht: hier gibt es keine Alternativen.

Hauptsaison für die Annapurna-Region sind die Monate Oktober und November sowie März und April. Dann sind die Tage länger und wärmer – und im Herbst ist die Sicht sogar noch besser als jetzt im Winter. Dafür sind natürlich mehr Trekker unterwegs, zu viele vielleicht, denke ich.

Denn allein sind wir keineswegs: Wanderer aus der halben Welt machen jeden Lodge-Abend zum globalen Gipfeltreffen: Es geht um Berge und um Donald Trump, um Reiseerlebnisse und ums Wetter. Denn das hat sich plötzlich verschlechtert: Während zum Auftakt der Tour sommerliche Temperaturen herrschten und wir tolle Fernblicke genießen konnten, erleben wir das Basecamp des Annapurna auf 4.200 Metern im Nebel und Dauerschneefall. „Macht nichts, sagt mein Sohn. Dann haben wir immerhin einen Grund, noch einmal herzukommen!“

Matthias Gürtler