Deutschland

Weimar: Schwelgen in Design

Bauhaus 2009: Wie Thüringen die Revolution der Gestaltung feiert

„Rentnerparadies“ wird das Städtchen heute genannt. Weimar ist idyllisch: Hübsche Villen aus der Gründerzeit, der weite Landschaftspark an der Ilm mit Goethes Gartenhäuschen und das Domizil des Dichterfürsten. Das Denkmal, welches den Geheimrat Seite an Seite mit dem Kollegen Friedrich Schiller zeigt. Aber Weimar ist nicht nur die Stadt der Klassik.

Vor 90 Jahren stand der Ort im Zeichen des Umbruchs. Der Kaiser war gerade erst ins Exil gegangen, die Verfassung der jungen Republik im ehrwürdigen Theater verabschiedet worden, als sich hier das „Bauhaus“ gründete. Die Hochschule für Gestaltung ging aus der von Henry van de Velde gegründeten Großherzoglichen Kunstgewerbeschule hervor. Das Bauhaus schuf nie Gesehenes in Kunst und Architektur. Statt Gründerzeit-Opulenz und Jugendstil-Romantik entwarf man plötzlich klare, strenge Linien. „Formmeister“ entwarfen in demokratischem Schaffensprozess mit ihren Studenten lichtdurchflutete würfelförmige, funktionale  Häuser und Möbel aus Leder und Chrom.

Noch heute wird das Design des Bauhauses als hochmodern empfunden. Und die Hochschule vor Ort heißt längst wieder „Bauhaus-Universität“. Studenten führen interessierte Besucher gern durch die Räume und durch die Stadt. „Die frühe Weimarer Zeit war das Experimentierfeld des Bauhauses“, sagt Sven Müller, der hier gerade seinen Abschluss gemacht hat.

Wo so Ungewöhnliches mit Ecken und Kanten geschaffen wurde, muss man nicht auf ein „rundes“ Jubiläum warten. Das Bauhaus feiert daher in ganz großem Stil 2009 seinen 90. Geburtstag. Weimar spielt dabei die wichtigste Rolle. Im Mittelpunkt steht die Ausstellung „Das Bauhaus kommt“. In vier verschiedenen Museen werden ab Anfang April die Vertreter der Gestaltungsrevolution inszeniert: Walter Gropius, Lyonel Feininger, Paul Klee und Wassily Kandinsky etwa. Ebenso wird van de Velde als Wegbereiter der Avantgarde ins Zentrum gerückt und damit der ideengeschichtliche Ursprung der Design-Revolution nachvollziehbar gemacht.

Die Nachbarstadt Jena war für die Bauhaus-Künstler eine wichtige Plattform zur Präsentation ihres Schaffens. Hier entstanden Gebäude wie das Studentenhaus und das „Abbeanum“ als mathematisch-naturwissenschaftliche Fakultät sowie gut erhaltene private Villen im Stil der neuen Sachlichkeit. Auch in Erfurt ist das Bauhaus in vielen öffentlichen Gebäuden vertreten. Industrielle und Mäzene aus dem örtlichen Kunstverein boten hier den jungen Talenten eine Chance zur Realisierung ihrer kühnen Architektur. Jeweils zwei Ausstellungen werden daher in Erfurt und Jena von Frühling bis Herbst zu sehen sein.

Das Weimarer Land mit seinen Dörfern bot dem Maler und begeisterten Tourenradler Lyonel Feininger eine Fülle von Motiven. Kein Wunder daher, dass in der Textilstadt Apolda im „Kunsthaus Avantgarde“ gleichfalls ab September das Bauhaus anschaulich vertreten sein wird. Weitere Informationen und Angebote unter www.bauhaus2009.de.
Claudia Diemar
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