Im Landrover über das Hochland
„Isak eins, bitte melden, Isak drei hat Probleme!“ Gut, dass unsere Landrover mit Funk ausgestattet sind und Jon, unser Guide, fließend Deutsch spricht. Isak vier ist eins von sechs Fahrzeugen, mit denen wir am frühen Nachmittag im Konvoi von unserem Hotel im Süden Islands in Richtung Landesinnere starteten. Ziel ist Landmannalaugar im kaum besiedelten Hochland, wegen seiner farbigen Rhyolithberge und warmen Quellen im Sommer bei Wanderern beliebt und etwa vier Tagesmärsche von der Küste im Süden entfernt. Aber unsere Tour in die bizarre Lavalandschaft wird unerwartet zu einer abenteuerlichen Safari durch den Schnee.Anfang Oktober hat in der weiten Hochebene schon der Winter Einzug gehalten, diesmal laut Jon ungewöhnlich früh. Der Konvoi stoppt: Isak drei ist in einer Kurve im Schnee stecken geblieben. Dabei hatten die Kundigen unter uns unterwegs schon mehrmals Luft aus den dicken Reifen abgelassen, um besser durchzukommen. Jon hat die Ruhe weg und schippt den Landrover frei. Seit mehreren Stunden sind wir nun schon unterwegs. Zuerst ging es vom Hotel nahe Selfoss – immer die Hekla (Kapuzenträgerin), Islands bekanntesten Vulkan, im Blick – an grünen Hügeln mit weidenden Schafen zum Hjalparfoss-Wasserfall, wo ein Gletscherfluss zwischen zwei Basaltarmen tosend in die Tiefe stürzt. Und weiter durch eine menschenleere Steinwüste.
Als die Schneedecke immer tiefer wird, beschließt Jon umzukehren und unser Ziel statt auf der Piste via Straße zu erreichen. Auch diese Route ist hinreißend schön! Noch vor Sonnenuntergang geht hinter den weißen Gipfeln am blauen Himmel der Vollmond auf. Sein Licht begleitet uns bis zur Hütte des isländischen Wandervereins mit Matratzenlagern für rund 80 Personen. Drinnen ist es mollig warm und duftet nach Lammbraten. Vor dem Essen wagen sich einige ganz Abgehärtete aus der Gruppe nochmals in die klirrende Kälte, um in einer heißen Quelle zu baden.Nächster Tag: Schon von Weitem sichtbar ist der weiße Dampf des Geysirs Strokkur, neben der Blauen Lagune und den Wasserfällen ein weiteres touristisches Highlight im Süden Islands. Alle paar Minuten schießt aus der heißen Quelle eine Fontäne empor.
Ein Naturereignis ganz anderer Art ist im Nationalpark Thingvellir zu bestaunen: Wo sich im Mittelalter die Stammesältesten und freien Bauern versammelten, wo Gesetze verkündet, Urteile gefällt und 1944 die Republik ausgerufen wurde, verlaufen imposante Felswände mit Schluchten und Spalten. Geologen haben herausgefunden, dass sich hier die eurasische und die nordamerikanische Kontinentalplatte jährlich bis zu zwei Zentimetern ausein?ander bewegen. Vom Aussichtspunkt beim Informationszentrum hat man einen herrlichen Blick auf die weite grüne Landschaft, in der Islands größter See blau in der Sonne glänzt. 2004 wurde Thingvellir in die Unesco-Liste des Weltkulturerbes aufgenommen.