Tschechien

Mystisch und melancholisch

Wildromantische Landschaft: das Vydratal.

Auf Pilgertour auf der Via Nova im Böhmerwald

Seit dem vergangenen Jahr ist die Via Nova auch in Tschechien durchgehend markiert. Fotos: heu

Zugegeben, mit einem Apostelgrab und überfüllten Pilgerherbergen kann die Via Nova nicht aufwarten. Doch wer auf dem tschechischen Teil des grenzüberschreitenden Pilgerwegs unterwegs ist, erlebt eine faszinierende Mischung aus Natur und Kultur. Er durchstreift verzaubert wirkende Waldgebiete, deren Baumstämme zum Teil mit dichtem Moos überzogen sind. Und taucht ein in die zuweilen schwierige Geschichte des deutsch-böhmischen Zusammenlebens.

"Mein Lieblingsabschnitt der Via Nova ist die Strecke von Rejstejn über Groß-Babylon nach Gutwasser", sagt Jozef Stemperk, Mitarbeiter der Sumava-Nationalparkverwaltung und ausgebildeter Pilgerwegbegleiter. Die Dörfer und Gehöfte, die einst auf diesem Abschnitt lagen, mussten nach dem Zweiten Weltkrieg einem Truppenübungsplatz weichen.

Für den 36-Jährigen bietet sich der Böhmerwald als Pilgerziel geradezu an: "Der Böhmerwald hat für mich etwas Geheimnisvolles und Melancholisches, er ist ein mystischer Ort, kein Ort für seichte Unterhaltung", meint Stemperk. Zwischen 130 und 160 Kilometer, je nach Routenführung, durchläuft die Via Nova tschechisches Gebiet. Endpunkt des Weges ist der unweit von Pribram gelegene Wallfahrtsort Svata Hora.

Ausgangspunkt des tschechischen Abschnittes ist Bucina (Buchwald). Vom ehemals höchstgelegenen Ort des Böhmerwaldes, an dem ein Stück Grenzzaun als Mahnmal erhalten ist, führt der Weg zur Moldauquelle. Sprudelndes Wasser dominiert auch eine der schönsten Passagen der Via Nova: den Weg durch das wildromantische, autofreie Vydratal, durch das ein wilder Gebirgsbach fließt.

Die Via Nova ist ein neu angelegter Pilgerweg, doch sie fußt auf alten Traditionen: Sie überschneidet sich auf etlichen Abschnitten mit dem Gunthersteig, der den Spuren eines Volksheiligen aus dem Mittelalter folgt. Der heilige Gunther hat am Ende seines Lebens in der Nähe von Gutwasser (Dobra Voda) als Eremit gelebt. An ihn erinnern der Guntherfelsen sowie ein sehenswerter Glasaltar in der St.-Gunther-Kirche in Gutwasser.

Auch auf dem weiteren Streckenabschnitt lohnt der Besuch einiger ?außergewöhnlicher Sakralbauten. So wurde in Hartmanice von privaten Mäzenen eine alte Synagoge restauriert. Und in Maurentzen hat man die Pfarrkirche nach Jahrzehnten wieder renoviert und reaktiviert - und dabei gleich noch mittelalterliche Fresken entdeckt, die rund 700 Jahre alt sein dürften.

Die Via Nova in Tschechien ist mittlerweile gut ausgeschildert, doch allein muss niemand auf ihr unterwegs sein, denn sowohl auf tschechischer als auch auf bayerischer Seite gibt es ausgebildete Pilgerwegbegleiter. Diese bieten regelmäßig geführte Wanderungen an, können aber auch für individuelle Termine gebucht werden. Pilgerwegbegleiter sind dabei mehr als nur Reise- oder Wanderführer - sie regen an, achtsam durch die Natur zu gehen, und geben den Teilnehmern bei der Wanderung immer wieder spirituelle Impulse.

Nähere Informationen zur Via Nova gibt es online unter www.poutnicesta-vianova.cz und auf der Internet-Seite www.pilgerweg-vianova.eu.
Rainer Heubeck
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