Auf der Ringstraße einmal um die Insel
Zäh, knuffig und allgegenwärtig sind Islandpferde - auch entlang der wichtigsten Straße, dem "Hringvegur", der Ringstraße oder Route 1. Ihre mehr als 1.300 Kilometer ziehen Islands Formen nach: im Süden oft nah an der Küste, im Norden weiter im Inland. Dabei streift sie alle wichtigen Orte des Landes und viele malerische Landschaften zwischen Küste, Eis und Vulkan. Wer richtig viel Zeit hat, verlässt die Ringstraße für ausführliche Abstecher: an die raue Küste des Nordostens, zwischen die Fjordfinger der Nordküste, an die zerklüfteten Westfjorde oder die lange Halbinsel Snæfellsnes."Hier bei Reykjavik ist die Ringstraße fast wie deutsche Autobahnen", erzählt Busfahrer Arni, "aber im Osten sind noch Stücke einspurig oder ohne Teer." Dorthin kommt er aber selten, denn die meisten Fahrgäste wollen die Attraktionen nahe der Hauptstadt sehen, den Geysir & Co. Dabei öffnet sich Island erst richtig auf der langen Strecke.
Knapp eine Stunde nach Südosten liegt das Örtchen Hveragerdi tief unter einem großen Bogen, den die Ringstraße schlägt: So blieb ein von Elfen bewohnter Berg unzerstört. Der Ort ist Blumen- und Gemüsezentrum des Landes, weil heißer Dampf direkt aus der Erde zahllose Gewächshäuser wärmt. Knapp eine Stunde weiter huldigt ein Bauernmuseum dem letzten Ausbruch des Eyafjallajökull. Auch geht es hier zur Fähre zu den Westmänner-Inseln ab, die ebenfalls von einem Vulkan geprägt sind: Vor Jahrzehnten legte er das halbe Dorf unter Lava, heute graben sie das "Troja des Nordens" wieder aus.
Die Ringstraße führt weiter, vorbei an grünen Steilhängen voll malerischer Wasserfälle und durch skurrile Lavafelder hindurch, wo abends auch Trolle zu hüpfen scheinen. Die Südspitze Islands, Vik i Myrdal, ist eine sehenswerte Felsnase am schwarzen Strand. Rund um den Gletscher Vatnajökull lädt der Nationalpark zu Eis- oder Wandertouren ein. Dahinter haben Schmelzwässer 1996 die Straße einfach weggerissen. Auch die Lagune Jökulsarlon liegt am Weg, kleine Eisberge treiben unter der Brücke hindurch ins Meer. Und schließlich schlängelt sich die Straße die Ostfjorde entlang, immer mit Blick aufs Meer und auf Fischerdörfer. Maximal gilt Tempo 90, doch Kurven oder auch Schafe bremsen ohnehin.
Bei Egilsstadir im Osten lauert Islands "Nessie" im Wasser, das Lagarfljotsormurinn. Und rund um den See Myvatn liegen verblüffende und teils noch brodelnde vulkanische Formationen. Dazu ein Vogelparadies, die "Blaue Lagune des Nordens" und die Heimat der 13 Weihnachtstrolle. Dann ist es nicht mehr weit bis Akureyri. Malerisch am Fjord, voller Kultur, im Winter ein Skiparadies. Und Ausgangspunkt für Trips zum Walort Husavik, zur Ex-Heringsmetropole Siglufjördur und der Polarkreisinsel Grimsey.
"Im Norden ist alles nicht so überlaufen wie bei Reykjavik", erzählt Anita entspannt. Letztes Mal ließ sie ihr Mietauto hier und flog von Akureyri zurück in die Hauptstadt. Jetzt aber fährt sie die Ringstraße "zu Ende", will noch mehr schräge Ecken erleben. Das Grasdachmuseum, die Fischlederfabrik in Saudarkrokur und das Zentrum der Pferdezucht, Holar. Vielleicht samt kurzem Ritt ins straßenlose Hochland.