Ungarn

Jugendstilmetropole Budapest

Palast für Dickhäuter: das Elefantenhaus von Kornel Neuschloss.

Elefanten im Taj Mahal und eine Weltkugel auf dem Dach

Globus auf dem Dach: Das Geologische Institut wurde von 1897 bis 1899 erbaut. Fotos: heu

Budapest lockt Besucher nicht nur mit dem Panoramablick über die Donau, sondern auch durch ihre architektonische Vielfalt. Viele prächtige und interessante Gebäude entstanden in einer Blütephase der Stadt, die 1896 Gastgeber der Weltausstellung war und das tausendjährige Jubiläum Ungarns feierte.

Kurz nach der Weltausstellung wurde auch das Geologische Institut (www.mfgi.hu) im 14. Budapester Stadtbezirk errichtet. Die Pläne dafür stammten von dem Avantgarde-Architekten Ödön Lechner, der als der ungarische Antoni Gaudi gilt. Lechner war ein Wegbereiter der Sezessionsarchitektur, der ungarischen Variante des Jugendstils beziehungsweise des Arte Nouveau.

Lechner liebte Motive der typisch ungarischen Volkskunst, vor allem Blumen und Lebensbäume. Er schmückte die Wände des Instituts aber auch mit abstrahierten Fossilienreliefs. Auf dem Dach des Instituts, das im Rahmen von Sonderführungen über eine wacklige Wendeltreppe erreichbar ist, hat Lechner einen überdimensionierten Globus aus Metall anbringen lassen. Dieser wird von drei Figuren gehalten, welche die Last der Welt auf ihrem Rücken zu tragen scheinen.

Ein blaues Dach auf einem außergewöhnlichen Jugendstilgebäude finden Besucher Budapests auch an Orten, an denen sie nicht vermuten, zum Beispiel im Zoo (www.zoobudapest.com). Zu den Aushängeschildern des Tierparks gehört das von Kornel Neuschloss entworfene Elefantenhaus. Seine Idee war es, die Dickhäuter in einer architektonischen Umgebung unterzubringen, die an ihr Herkunftsland erinnert. Für die aus Indien stammenden Elefanten nahm sich Neuschloss deshalb den Taj Mahal zum Vorbild, die legendäre indische Grab-Moschee.

Die Elefanten waren mit ihrer kunstvollen Jugendstil-Behausung durchaus zufrieden - dennoch führte das Bauwerk, das mit Dächern aus Keramik, einen sehenswerten Mosaikboden und einen 850 Kilo schweren Leuchter ausgestattet wurde, zu diplomatischen Verwicklungen. Dem türkischen Sultan war das Minarett, das zum Elefantenhaus gehörte, ein Dorn im Auge. Auf seinen Wunsch hin musste es 1915 abgerissen werden. Erst in den 90er Jahren des vergangenen Jahrhunderts hat man den Turm wieder aufgebaut.

Ein weiteres Budapester Jugendstil-Highlight ist das 1903 errichtete Bedö-Haus in der Honved-Straße. Dort zeigt der Kunstsammler Tivadar Vad eine beachtliche Zusammenstellung von Möbeln, Bildern, Gebrauchsgegenständen, Schmuckstücken und Dekorationen. Neben großen, repräsentativen Einrichtungsensembles finden sich in der liebevollen Privatsammlung auch Kuriositäten, etwa ein Kinderwagen für Zwillinge, in dem die Kinder sich gegenüber sitzen. Sollten sie streiten, kann die Sitzfläche umgestellt werden - und die Zankhähne sitzen Rücken an Rücken. Oder ein Makeup-Tisch, der wie eine schwere alte Bibel gestaltet ist. Ein Tisch, der bei jedem Schminkvorgang daran erinnert, dass der Stolz zu den sieben Todsünden gehört.
Rainer Heubeck