Österreich

Traditionen statt Kitsch

Eine reiche Auswahl bietet der Adventmarkt.

Salzburg pflegt in der Vorweihnachtszeit die Besinnlichkeit

Salzburgs Christkindlmarkt findet auf dem Dom- und Residenzplatz statt. Fotos: Tourismus Salzburg, cd

Drangvolle Enge herrscht im winzigen Spirituosenladen der Familie Sporer in der Getreidegasse. Jetzt ist die richtige Zeit für Punsch und Liköre mit exotischen Gewürzen wie Kaffee, Kalmuswurzel, Walnüssen oder Zimt. Im Advent kauft praktisch jeder Salzburger hier ein. Oder stärkt sich kurz mit einem hausgemachten Orangenpunsch, der zwecks Entzerrung der Enge auch im „Durchhaus“ neben dem Laden serviert wird.

Ein Durchhaus ist eine Art Korridor, der in der Altstadt alle paar Schritte die Häuserzeile durchbricht, damit man auf dem schnellsten Weg zum Ziel kommt. Ein Durchhaus ist, wie das neben Sporer, zum Teil überbaut, öffnet sich jedoch manchmal zu größeren Innenhöfen. Manche der Höfe sind liebevoll geschmückt wie jener, wo Blumenbinder Doll seine „Gewürzsträuße“ anbietet, winzige Bouquets mit allerlei Spezereien, vor allem Nelken, die sich die Damen einst in der Vorweihnachtszeit ins Dekolleté zu stecken pflegten.

Es gibt viele Ort, die für sich reklamieren, das richtige Ziel für eine kleine Reise im Advent zu sein. Salzburg dürfte dabei zu den Favoriten zählen. Man beschränkt sich hier nicht auf einen einzigen Weihnachtsmarkt, sondern hat gleich eine heilige Dreifaltigkeit davon. Es gibt den kleinen Weihnachtsmarkt neben dem romantischen Mirabellgarten. Und den Christkindlmarkt am Dom- und Residenzplatz. Und draußen in Hellbrunn vor dem beleuchteten Schloss noch einen weiteren Markt, der sich „Adventszauber“ nennt.

Für alle diese Märkte gelten strenge Regeln: Einheitliche hölzerne Buden und eine einheitliche Beleuchtung, weder bunt noch blinkend. Kunsthandwerk statt Kitsch und Karussells. Keine Weihnachtsschlagerschnulzen aus Lautsprechern, sondern echte Chöre wie der Männergesangverein Itzling, die uraltes Liedgut erklingen lassen.

Advent, so weiß man an der Salzach, muss in jedem Fall „A b’sondere Zeit“ bleiben. Im Festspielhaus, im Burgsaal der Festung, im Mozarteum und in mehreren Kirchen gibt es Konzerte und Adventsingen. Tief katholische Gläubigkeit prägt hier die Vorweihnachtszeit und selbst Kirchenkritiker legen größten Wert auf Tradition. Der Umstand, dass die Schlittschuhbahn auf dem Mozartplatz neuerdings aus gleitfähigem Kunststoff statt aus echtem Eis ist, sorgte schon für genug Diskussionen.

Der Nikolaus ist hier kein Fassadenkletterer im roten Plüschanzug, sondern ein ehrwürdiger Bischof mit Mitra und Messgewand. Und er kommt nicht allein. In seinem Gefolge ist Krampus, ein mit Fell und Hörnern ausgerüsteter potenzieller Kinderschreck, der jedoch von dem Heiligen gezähmt wird. Krampus hat, besonders auf dem Land, noch einen Kollegen namens Percht, der eher heidnischen Ursprungs ist und zur Wintersonnenwende gehört.

So schaurig-schön sind die archaischen Gestalten, dass es inzwischen Krampus- und Perchtenläufe in und um Salzburg gibt, bei denen die bepelzten Ungeheuer im Rudel auftreten. In Wirklichkeit stecken die örtlichen Pfadfinder hinter den Masken. Und spätestens wenn das Christkind kommt, sind sie alle wieder lammfromm.
Claudia Diemar
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