Dänemark

Schon das Licht lohnt die Reise

Die Werkstatt Glasrögeri im Fachwerkstädtchen Gudhjem.

Bornholm ist die Insel der ‧Glasbläser, Fischräuchereien und Rundkirchen

Bornholmer Glasbläserkunst. Fotos: sw

Allein das Licht lohnt die Reise. Wer Bornholm, Dänemarks kleine Insel vor der südschwedischen Küste, noch nicht im Frühjahr erlebt hat, kann sich von Pete Hunner dazu inspirieren lassen: „Eine Wiese aus frischem Grün, auf die ein Sonnenstrahl fällt, der seinen Weg durch das dunkle Blaugrau des Himmels gefunden hat, die Sonnenuntergänge mit ihren kühlen und feuriger Farben …“ Jeden Tag aufs Neue gerät der Glasbläser über das Zusammenspiel von Landschaft, Meer und Licht ins Schwärmen.

Mit seiner Frau Maibritt Friis Jönsson fängt er dieses Licht in kleinen Kunstwerken ein – Vasen, Schalen in Muschelform, Weingläsern und grünen, blauen, weißen Schnapsgläsern. Wenn die Sonne untergegangen ist und das Glasbläserstudio geschlossen wird, stellt Hunner das „Feuerabend“-Schild auf. Was Urlauber für ein Wortspiel halten, ist ein Versehen: Als er das Schild malte, hielt der Glasbläser die Beschriftung für die korrekte deutsche Übersetzung.

Es gibt auf der Insel noch ein halbes Dutzend weiterer Glaspuster, wie Glasbläser auf Dänisch heißen. Die Werkstatt im Fachwerkstädtchen Gudhjem etwa nennt sich Glasrögeri, weil sie in einer ehemaligen Heringsräucherei untergebracht ist. Früher säumten die Ufer der Insel unzählige dieser Fischräuchereien, heute arbeiten nur noch ein paar von ihnen. Sie sind schon von weitem an ihren Kaminen zu erkennen. Wenn geräuchert wird, stehen weiße Rauchsäulen über den Kaminen, und es riecht nach Erlenholz.

Schon vor hundert Jahren hat das magische Licht auf Bornholm, das vor allem an der Ostküste von besonderer Intensität ist, zahlreiche Maler vom dänischen Festland auf die Insel gelockt. Die Maler, die sich heute vom Licht der Insel Bornholm inspirieren lassen, stellen meist in ihrer eigenen Galerie aus. Es ist ganz selbstverständlich, dass man ihnen bei ihrer Arbeit über die Schulter schauen darf. Den Glasbläsern natürlich auch, den vielen Bornholmer Keramikern, den Schokoladenherstellern, den Bonbonkochern und den Lakritzmachern.

Bis zu 600.000 Feriengäste kommen jährlich auf die Insel. Fast jeder zweite ist Däne, die Deutschen liegen mit einem Anteil von 35 Prozent an zweiter Stelle. Viele Besucher machen nur Kurzurlaub – „jedenfalls kürzer als früher“, wie ein Vermieter betont.Bornholm ist kein plattes Land. An der Ostküste schlängelt sich sogar die einzige Serpentine Dänemarks von Gudhjem hinauf auf die Hauptstraße. Dennoch ist Bornholm eine beliebte Fahrradinsel. Die 230 Kilometer Radwege sind ausgezeichnet beschildert. Die meisten liegen abseits vom Verkehr und führen zum Teil auf alten Eisenbahntrassen quer durch Felder und Wälder.

Immer wieder kommen Inselgäste an einem der Wahrzeichen Bornholms vorbei, an einer der vier mittelalterlichen Rundkirchen. Unumstritten ist, dass sie als Wehrkirchen genutzt wurden. Der deutsche Schriftsteller Hans Henny Jahnn, der lange auf der Insel lebte, hält die Kirchen für heidnischen Ursprung. Das Licht auf Bornholm hat ihn zu der Überzeugung gebracht, dass die Rundkirchen einmal Sonnentempel waren.
Horst Schwartz