In den Fußstapfen des Dichters marschiert man in dem Städtchen, wo der Poet sein „Wandrers Nachtlied“ schrie
Eigentlich weist ein schwungvoll geschriebenes „G“ auf weißem Grund den Weg: Verlaufen kann man sich hier nicht. Doch wir sind mit Rudi Krannich unterwegs und der Wanderführer ist kein Freund ausgetretener Pfade.
Er kennt auch die geheimen Abkürzungen und Umwege und zeigt der Gruppe die Schönheit des Kickelhahns. So stapft man durch lichten Buchenwald und dichte Fichtenbestände, pflückt hier und da ein paar Brombeeren, und entdeckt dunkle Grotten und bemooste Gedenksteine.
Rauf auf den Kickelhahnturm
Wer mit ihm die 400 Höhenmeter von Ilmenau auf den Hausberg bewältigt hat, darf gleich noch die hundert Stufen des Kickelhahnturms in Angriff nehmen. Der Blick schweift bis nach Erfurt, Weimar und zum Kamm des Thüringer Walds. Vorausgesetzt, der Himmel ist blau in Ilmenau – was anscheinend recht häufig der Fall ist, wenn man einem Kinderreim Glauben schenkt.
Nicht die prickelnde Champagnerluft aber lockte Ende des 18. Jahrhunderts Goethe zum ersten Mal in das Städtchen im Tal der Ilm, das als Bade- und Luftkurort bekannt wurde.
Sondern sein Job als Beamter des Herzogtums Sachsen-Weimar. Er sollte die Finanzen der Stadt in Ordnung und den Bergbau in Schwung bringen. Insgesamt 28-mal besuchte er die Region, zunehmend auch aus privaten Gründen. Goethe scheint sich nämlich nicht nur in Charlotte von Stein verliebt zu haben, mit der er hier einige unbeobachtete Momente verbrachte. Auch die Schönheit der Natur hatte ihn verzaubert.
Unterwegs auf Goethes Spuren
Inzwischen tritt man in des Dichters Fußstapfen, auf dem 20 Kilometer langen Goethe-Wanderweg. Er führt von Ilmenaus Marktplatz auf den Kickelhahn, wo es mit dem Jagdhotel Gabelbach eine Vier-Sterne-Unterkunft gibt.
Es geht weiter, vorbei an Orten mit Namen wie Hirtenwiese, Knöpfelstaler Teich, Finsteres Loch und Auerhahn. Ziel ist das Dörfchen Stützerbach, wo das Haus des Glashüttenbesitzers Gundelach steht, in dem Goethe mehrmals übernachtete und Besucher das heute auch können.
Zwei Museen erzählen von seinen Aufenthalten: Im Jagdschlösschen Gabelbach erklärt eine Ausstellung den Wandel von Goethes geliebtem Wald, während das Stadtmuseum im Zentrum ihn eher als Beamten und Naturforscher präsentiert. Dass er auch ein begabter Maler war, lernt man unterwegs: Seine Zeichnungen vom Nebel im Thüringer Wald sind ebenfalls hier entstanden.
Als Dichter begegnet man Goethe im Goethehäuschen, einer Jagdhütte. Hier schrieb er in einer Septembernacht sein Gedicht „Wanderers Nachtlied“ auf die Holzbretter. Graffiti ist manchmal Poesie: „Über allen Gipfeln ist Ruh / in allen Wipfeln spürest du / kaum einen Hauch / die Vögelein schweigen im Walde. / Warte nur – balde ruhest du auch.“