Schweden

Westküste: Kurzer Sommer, großes Glück

Auf Wunsch mit Weinglas: Liegestühle auf der Terrasse des „Salt” in Tylösand. Foto: hs

Die Strände in der Provinz Halland locken sonnenhungrige Badegäste

Neulich tauchte einer auf, den alle kannten. Richard Gere entspannte für ein paar Tage zwischen den Dünen der „schwedischen Riviera“, flirtete kräftig, ging mit einer jungen Schwedin aus – und konnte danach sämtliche Details in allen Boulevardblättern des Landes nachlesen. 

Was die beiden getrunken hatten? Henrik Jönsson weiß es nicht mehr. Jedenfalls keinen „Naughty on Ice“, denn den neuen Sommer-Cocktail hat er erst anschließend kreiert, aus Bacardi, Limone und Sprite. Jönsson ist Barkeeper im stets gut besuchten Nachtclub „Leif’s Lounge“ in Tylösand, schüttelt mit seinen Kollegen in manchen Nächten weit über 1.000 Drinks zurecht, für die berühmten und die weniger berühmten Gäste. 

Die meisten Prominenten im In-Badeort der Westküste sind in Schweden jedem ein Begriff – und im Ausland unbekannt. Bis auf Richard Gere. Und die Königsfamilie.

Tylösand ist so etwas wie das nordische Cap d’Antibes, die edelste Adresse der schwedischen Riviera, Heimat des exklusivsten Golfclubs des Landes, Bühne für Beach-Boys, Laufsteg der Strand-Schönheiten, aber auch kilometerlanger Picknickplatz für Familien, sandige Sonnenbank zahlloser Jugendlicher. 

Platz ist für jeden – auch wenn sich an manchem Sommertag bis zu 30.000 Menschen an den viereinhalb Strandkilometern Tylösands tummeln. 

Über der Küste der schwedischen Provinz Halland mit ihren breiten, dünengesäumten Sandstränden liegt dann eine ganz besondere Leichtigkeit, die es so nur in einem Land geben kann, das Dauersonne nicht kennt und wo sich alle Hochsommer-Hoffnungen auf ein schmales Zeitfenster konzentrieren. 

Jeder Wetter-Volltreffertag wird gefeiert, als könnte es der einzige gewesen sein. Ob man in den schönsten Restaurants im Sommer reservieren muss? „Bei schönem Wetter eine Woche im Voraus“, sagt Gastwirt Paul Lundin – und grinst.

Im kurzen Nordsommer, in den sieben Wochen vom Mittsommer-Wochenende im Juni bis Mitte August ist jedenfalls Party angesagt.

Der beste Blick ist den Rettungsschwimmern vom Wachturm am Südende des Strandes aus vorbehalten. Hunderte junge Leute aus ganz Schweden bewerben sich Monate im Voraus um die 82 Plätze, um im Sommer wenigstens für ein paar Wochen in Tylösand mit dabei zu sein: ohne eine Krone Honorar, aber bei freier Kost und Logis. Ihr höchstes Ziel: den ganzen Sommer über nie dienstlich nass zu werden, nicht hier und auch nicht weiter nördlich in Apelviken bei Varberg, der Wassersport-Hochburg dieser Riviera.

„Tylösand ist für die Promis“, sagt Surfer Patrik aus Varberg: „Die tun was dafür. Wir hier in Apelviken scheren uns nicht darum und manche kommen trotzdem. Denn wir haben diesen Beach-Boy-Touch, das lässige Leben und die Surfer. Das zieht!“ 

Tom Jones ist hier am Strand schon aufgetreten, Status Quo tauchen fast jeden Sommer auf und heizen den Urlaubern ein – wenn es nicht ohnehin bereits die Sonne tut.

Helge Sobik