Spanien

Mallorca: Maurisches Erbe

Neben der Kathedrale in Palma befindet sich der Almudaina-Palast, in dem der Wesir residierte

Die größte Baleareninsel zeigt sich in Gärten,Terrassenkulturen und Palästen

Farbtupfer setzt diese Bougainvillea im üppigen Garten Alfabia. Fotos: bel

Granatapfelsträucher und hohe Zypressen säumen verschlungene Pfade. Ein Rotkehlchen flattert quirlig von Palmwedel zu Palmwedel und singt. Wasser rieselt über kleine Kaskaden. Auf Knopfdruck sprießen Wasserstrahlen und beregnen einen Laubengang. „Das ist ja toll!“, ruft eine Besucherin.

„Nada toll“, grunzt Pedro, der Gärtner, und rettet sich mit einem Hechtsprung aus der Schusslinie. Danach ist die heiße Luft, die nach Magnolien und Zitronen duftet, erfrischt. Und die Menschen, die durch die schattigen Tunnel aus Efeu und Bougainvillea wandeln, atmen durch. Alle Sinne saugen sich voll mit einem Überfluss an Blüten, Früchten und Gewächsen.

Lustgärten der Araber

Die üppigen Gärten von Alfabia sind eine Oase im kargen Inselinneren von Mallorca. Geist und Körper streifen den Staub der trockenen roten Felder ab wie Karawanen den Sand nach einem Ritt durch die Wüste. Das kommt nicht von ungefähr. Die Lustgärten wurden angelegt vom Wüstenvolk der Araber. Wasser war ihnen heilig und die kunstvoll bewässerten Parks galten als Sinnbild des Paradieses. Nur wenige wissen, dass die Araber Mallorca stark geprägt haben. Schon 711 begann die Herrschaft der Mauren in Südspanien. Erst 902 wurden Emir Abd-Allah von Cordoba die Seeräubereien der Mallorquiner zu bunt und die Insel wurde seinem Kalifat einverleibt. In über 300 Jahren Besatzung fanden Wissenschaft, Handwerk und Kultur Eingang in Seeräuber- und Bauernköpfe.

Heute residiert hier der König

Das Örtchen Banyalbufar liegt hoch über der Westküste. Schon der Name verrät die arabische Herkunft. Er bedeutet „Weingarten am Meer“. Sandfarbene Würfelhäuser schachteln sich übereinander. Darunter breiten sich Terrassengärten aus. Natursteinmauern begrenzen Orangen- und Gemüseplantagen.

Auch die Terrassenkultur ist ein Erbe der Mauren. Sie führten Orangen-, Zitronen- und Mandelbäume ein und leiteten das Wasser aus den Bergen der Tramuntana bis auf die Felder.

Neben der großen Kathedrale von Palma schaut der zinnenbewehrte Almudaina-Palast hinaus auf das Meer. Ehemals residierte hier der Wesir von Mallorca, heute manchmal der spanische König.

Dahinter beginnt die Medina von Palma. Verwinkelte Gassen sind dazu angelegt, Angreifer zu verwirren. In einer Seitenstraße führt ein schmaler Rundbogen in die Banys Arabs, die einzigen arabischen Bäder Mallorcas. Lichtstrahlen dringen durch Löcher in die 1.000 Jahre alte Kuppel.
Es ist nicht schwer, sich Hitze und Dampfschwaden vorzustellen, dazu halbnackte Männer, die im Dämmerlicht schwitzen. Und danach in den subtropischen Gärten flanieren. Aber zum Träumen bleibt keine Zeit.
„Basta!“, ruft der Pförtner und winkt Richtung Ausgang. Zum Feierabend schließt er die Tür und überlässt Gärten und Bäder wieder den Vögeln.
Helgard Below
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