Österreich

Wiener Melange

Die schlecht gelaunten Ober einfach als Folklore betrachten und die Atmosphäre genießen: das Café Bräunerhof

Ein Spaziergang durch die Kaffeehäuser der Hauptstadt

Der Kaffee wird in Wiens Kaffeehäusern stets in Vollendung serviert

Der Kaffee wird in Wiens Kaffeehäusern stets in Vollendung serviert. Fotos: Gerd Krauskopf; Wien Tourismus/peterrigaud; cd

Draußen fällt ein Schnürlregen vom grauen Himmel? Kein Grund, in der Walzerstadt etwa die gute Laune zu verlieren! Die beste Zuflucht bei schlechtem Wetter ist das Kaffeehaus. Rund 700 Kaffeehäuser (bitte immer mit Betonung auf der zweiten Silbe aussprechen) finden sich in Österreichs Hauptstadt Wien. Dutzende dieser öffentlichen Salons wirken noch heute wie eine Filmkulisse aus der Belle Époque.

Das Wichtigste an einem Wiener Kaffeehaus ist nicht der Kaffee, sondern seine Funktion als Treffpunkt. Das Kaffeehaus war stets ein Tummelplatz für Dichter und Denker. Im Café Central unweit der Hofburg versammelten sich am liebsten die Literaten. Noch immer sitzt hier der Dichter Peter Altenberg von früh bis spät an einem Tisch, allerdings als Figur aus Pappmaché.

Ein richtiges Kaffeehaus hat männliche Kellner, die in vornehmes Schwarz gekleidet sind und ein Mascherl (also eine „Fliege“) tragen, als gingen sie in die Staatsoper. Nur im Demel servieren Damen, aber das liegt daran, dass der Hoflieferant, der schon Kaiserin Sisi mit seinen erstklassigen kandierten Veilchen versorgt haben soll, offiziell als Zuckerbäckerei gilt. Dafür erkundigen sich die Serviererinnen hier gern noch in der dritten Person nach den Bestellwünschen: „Haben gewählt?“

Ober statt Kellner

Anders als bei Demel sind die zur Bedienung der Gäste verdammten Herren meist mürrisch. Sie verstehen sich eher als Ober denn als Kellner. Das gilt leider auch für das ansonsten durch und durch sympathische Café Bräunerhof, an dessen extrem kauzigem Personal schon Thomas Bernhard schier verzweifelte. Das Café mit Bänken aus braunem Samt und Marmortischen blieb trotzdem sein öffentliches Wohnzimmer. „Wie andere in den Park oder in den Wald, so lief ich ins Kaffeehaus“, notierte Bernhard einst.

Das Wichtigste am Kaffeehaus ist, dass es als Nachrichtenbörse fungiert. Um mitreden zu können, gibt es jede Menge Zeitungen. Das Café Sperl etwa hat mehr als zwei Dutzend davon im Abonnement. Doch auch neuen Nachrichtenträgern verschließt man sich keinesfalls: Nicht nur im Traditionslokal Café Landtmann am Ring ist heute selbstverständlich Wifi vorhanden.

Sigmund Freud schätzte das Landtmann vor allem wegen des schönen „Schanigartens“, also der Terrasse davor. Bei schlechtem Wetter macht man es sich drinnen auf samtigen Polsterbänken bequem. So kommt die Couch ins Café. Nur, dass man zur „Melange“, also dem Milchkaffee, Apfelstrudel statt Analyse bestellt.

Im Café zu Abend essen

Früher gab es im Café meist nur „Gebäck“ wie Kuchen und vielleicht Würstel mit Meerrettich. Heute sind viele Kaffeehäuser regelrechte Restaurants. Elfriede Jelinek hat das Café Korb mit ihrem Text „Husch, husch ins Korb“ gehuldigt. Es macht nichts, wenn der Nachmittag über Topfenstrudel in den Abend mit Wiener Schnitzel übergeht.

Claudia Diemar


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