Wer Lyon links liegen lässt, verpasst einen wunderschönen Ort
Was für ein schöner Tag: Eben noch die Fahrt mit einer 100 Jahre alten Dampfeisenbahn über die Brücken im Doux-Tal bei Vienne, jetzt mit dem Flussschiff Viking Burgundy die Rhône hinab nach Lyon.
Lyon ist eine Stadt, die viele Flussreisende schnell ins Herz schließen. Dass sie auch als hässliche Industriestadt gilt – davon ist am Anleger nichts zu spüren. Einladend sieht es hier aus: Alles ist neu gepflastert, es gibt Boule-Bahnen und Picknick-Tische. Entlang der Rhône führt ein gut frequentierter Fahrradweg, direkt am Quai stehen Mietfahrräder. Die ersten 30 Minuten können sie kostenlos benutzt werden, danach ist ein Euro pro Stunde zu zahlen. Gut 4.000 Räder, die man an einer Station abholt und an der anderen abstellen kann, gibt es mittlerweile in der Stadt.
Also rauf aufs Rad und ab über eine Rhône-Brücke in die Innenstadt. Das Herz schlägt um den Platz Bellecour. Die Touristeninformation ist hier ebenso zu finden wie Jugendstilpavillons, in denen Blumen oder Kaffee und Kuchen verkauft werden. Und fern thront hoch auf einem Hügel die Kathedrale von Fourvière.
Weiter geht es zum Rathaus auf dem Terreaux-Platz. Der Weg ist in Lyon das Ziel, denn überall sind schöne Jugendstilbauten zu sehen, der Krieg hat die Stadt verschont. An der Einkaufsmeile befinden sich viele Cafés, Kneipen und Restaurants. Von denen gibt es eine ganze Menge in Lyon: Die Kneipen für die Studenten der Universitäten, die Restaurants für die Professoren und Einheimischen. „Welthauptstadt des Essens“ wird Lyon wegen der rund 1.500 Esstempel auch genannt. Fakt ist, dass Kochguru Paul Bocuse einst das Restaurant seines Urgroßvaters in Lyon übernahm, wo er nun derer fünf betreibt.
Viele der Esstempel sind in den Straßen von St. Jean und Alt-Lyon zu finden, von der Innenstadt durch den Fluss Saône getrennt. Man nennt sie Bouchon, was an den süddeutschen Ausdruck Burschenschänke erinnert. In diesen Stadtvierteln gibt es 750 Innenhöfe und Durchgänge von einer Straße zur nächsten, die Traboules.
Bis vor 30 Jahren waren die Straßen in Lyon schmutzig, die Kriminalitätsrate war hoch, Eltern ließen ihre Kinder nicht mehr auf die Straße. Dann passierten zwei Glücksfälle: Eine Künstlergruppe bemalte die grauen Fassaden der Häuser im Viertel La Sarra mit Szenen aus dem Inneren der Häuser. Die lebensfrohen Fassaden wirkten sich nach und nach auf die Bewohner aus. Dann wurde Michel Noir Bürgermeister. „Die Stadt ist wie ein Theater, die Bürger sollen auf die Straße gehen“, war eine seiner Devisen. Zwei Euro bezahlt jeder Einwohner nun für die Beleuchtung. Deshalb wird Lyon „Stadt der Lichter“ genannt und zählt seit 1998 zum Weltkulturerbe der Unesco. Doch auch außerhalb des Lichterfestes am 8. Dezember strahlt Lyon die Gäste an – auch am Quai mit der festgezurrten Viking Burgundy, wohin wir mit dem Leihrad zurückkehren.