Portugal

Fern der Metropolen

Die steinigen Böden im Osten des Landes eignen sich besonders für Weinanbau

Die steinigen Böden im Osten des Landes eignen sich besonders für Weinanbau

Der Osten des Alentejo lebt von Wein, Oliven und Kork und fällt durch einen kaum bekannten Superlativ aus dem Rahmen

Rund um das Schloss von Monsaraz gibt es die besten Ausblicke auf den gigantischen Stausee an der Grenze zu Spanien

Rund um das Schloss von Monsaraz gibt es die besten Ausblicke auf den gigantischen Stausee an der Grenze zu Spanien

In den schmalen Straßen und Gassen von Evora sorgen kreative, kleine Läden für Überraschungen

In den schmalen Straßen und Gassen von Evora sorgen kreative, kleine Läden für Überraschungen. Fotos: ska

Es hat einige Gründe, dass ein Spaziergang durch den winzigen Mittelalterort Monsaraz so fasziniert: die durchweg weißen niedrigen Häuser, die sich von der steinernen Front der jahrhundertealten Burg im Sonnenlicht abheben, der Ausblick auf schier unendliche Weinberge des Alentejo auf der einen und den gigantischen Stausee auf der anderen Seite. Oder die Art und Weise, wie scharfkantige Pflastersteine aus Schiefer verschiedener Größen und Formen aus dem Boden ragen, als hätten die Stadtgründer beim Anlegen der Wege das Videospiel Tetris gleich mit erfunden.

Und mittendrin in die Stille und Magie des Orts spricht der amerikanische Tourist an dem kleinen Mäuerchen, vor dem sich die Aussicht auf die Seenlandschaft ergießt, die Worte aus, die keiner hören will: „Was man aus daraus alles machen könnte!“ Golfclubs, Resorts, Strandbars - in Texas wäre hier ja von Geheimtipp längst nicht mehr die Rede. Man mag fast von Glück sprechen, dass jenseits der Grenze, die irgendwo da vorne unsichtbar durch die Landschaft verläuft, Spanien liegt, und nicht Mexiko.

Wein und Olivenöl als flüssiges Gold

Der Alentejo macht als Region im Süden Portugals etwa ein Drittel der Fläche des Landes aus und zählt knapp über 700.000 Einwohner, etwas weniger als Frankfurt am Main. Die Landschaft, die man in gut zwei Stunden Fahrt ab Lissabon Richtung Inland durchquert, ist geprägt von den drei wichtigsten Produkten der Region: Weinbau, Oliven und Kork, dem ganzen Stolz des Alentejo, der von der Atlantikküste im Westen bis zur spanischen Grenze im Osten reicht.

Dass man diesen Stolz nicht nur sieht, sondern auch schmeckt, dafür sorgen Orte wie das Weingut Herdade do Esporão, das wie Monsaraz und etliche andere Weingüter auf der Gemarkung der Gemeinde Reguengos de Monsaraz östlich von Evora liegt. Auf dem 690 Hektar großen Gelände gibt es einen eigenen See für die Wasserversorgung der Landwirtschaft sowie ein Restaurant, dessen Außenbereich vor der traumhaften Kulisse der Weinberge liegt. Bei Führungen bekommen internationale Gäste auf Englisch Einblicke in Wein- und Olivenölproduktion. 

In anderen Betrieben wie der bedeutend kleineren Adega Jose de Sousa entstehen Spezialitätenweine, die traditionell in gigantischen historischen Ton-Amphoren reifen und täglich umgerührt werden müssen, weil die kostbaren Tonkrüge, die seit Jahrzehnten nicht mehr nachproduziert werden, sonst zu platzen drohen.

Stadtspaziergang und Nachthimmel

Für eine Perspektive des Alentejo, der über das Land und seine wichtigsten Wirtschaftszweige hinausgeht, lohnt sich ein Abstecher in seine größte Stadt, die im Vergleich zu Städten wie Lissabon, Porto oder Braga mehr unter die Kategorie „beschaulich“ fällt. Dafür ist die Innenstadt von Evora Teil des Unesco-Weltkulturerbes, auch weil neben prächtigen Bauten aus Zeiten, als die portugiesischen Könige hier residierten, Spuren von Tempel und Aquädukt noch an die Römerzeit erinnern.

Zurück am Alqueva-Stausee unterhalb von Monsaraz - der, der zum Glück nicht in Texas liegt -  entwickelt der Alentejo gleich doppelte Strahlkraft. Einmal, weil es sich bei der 250 Quadratkilometer großen Seenlandschaft um den wohl geheimsten Superlativ Portugals handelt, den größten künstlichen See Europas.

Der zweite Grund ist, dass sich im wenig dicht besiedelten Bereich rund um den Stausee die beeindruckendste Kulisse bei Dunkelheit offenbart - und zwar beim Blick in die Sterne. Eine Sternwarte mit Mini-Museum südlich von Monsaraz ist der ideale Anlaufpunkt, um die Weite, die hier allgegenwärtig ist, auch noch über den Planeten hinaus zu erweitern. Und beim Aufwachen wieder mittendrin zu sein in dieser faszinierenden Landschaft aus Wein, Oliven und Kork, die so anders ist als das Portugal der Metropolen.

Sandra Kathe
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