Island

Im Land der Trolle und Papageitaucher

Eine Urgewalt: der mächtigste Wasserfall Europas namens Dettifoss

Eine Urgewalt: der mächtigste Wasserfall Europas namens Dettifoss. Foto: ah

Unterwegs auf dem Diamond Circle im Norden der Insel

Karg und bunt: das Hochtemperaturgebiet Hverarönd

Karg und bunt: das Hochtemperaturgebiet Hverarönd. Foto: ah

Unterwegs auf der Suche nach Buckelwalen

Unterwegs auf der Suche nach Buckelwalen. Foto: ah

Wer auf dem Diamond Circle im Norden Islands unterwegs ist, erlebt das Land wie aus einem Bilderbuch. Die Selbstfahrer-Route führt Touristen in die schönsten und spektakulärsten Regionen östlich von Akureyri, der „Hauptstadt“ des Nordens.

Wir starten am mächtigen Godafoss, dem Wasserfall der Götter, wo sich vor 1.000 Jahren ein historischer Vorfall ereignete, der das Land bis heute prägt. An dem spektakulären Ort verabschiedeten sich die norwegischen Siedler vom Heidentum und lebten fortan als Christen. Dieser Schritt wurde am Godafoss mit einem symbolischen Akt „gefeiert“. Ein Parlamentarier soll damals die verbliebenen Totems der nordischen Mythologie in die mächtigen Fluten geworfen haben – eine recht brachiale Abkehr von Odin & Co.

Geologisches Wunder Dimmuborgir

Weiter geht es Richtung Osten auf der Straße 848 Richtung Myvatn, wo wir aktives Vulkangebiet betreten. Myvatn, der Mückensee, ist der drittgrößte See des Landes, der von einer sanften Hügellandschaft umgeben ist und teilweise als Weidefläche für Island-Ponys dient. Die Gegend gilt in den Sommermonaten aufgrund der Vielfalt an Zugvögeln als landesweit bestes Vogelbeobachtungsgebiet.

Je weiter wir fahren, desto häufiger wechselt sich die idyllische Gegend mit pechschwarzen Lavafeldern ab. Es ist nicht mehr weit bis Dimmuborgir. Wissenschaftler behaupten, dass es sich bei Dimmuborgir um ein geologisches Wunder handelt: ein kollabierter Lava-See mit bizarr geformten Versteinerungen, die an dunkle Türme und Zinnen erinnern. 

Viele Isländer wissen es besser: In Wahrheit ist Dimmuborgir die Heimat von Trollen und Elfen. Und weil viele Isländer dieses Stück Mythologie sehr am Herzen liegt, kann man heute in den engen Schluchten diverse Troll-„Habseligkeiten“ finden: gestrickte Pullover und Mützchen, feiner Elfen-Schmuck, sogar ganze Troll-Häuschen – alles handgemacht.

Auf dem Weg ins Hochtemparaturgebiet

Nachdem wir das dunkle Labyrinth verlassen haben, steht der nächste Landschaftswechsel an. Dazu folgen wir einfach dem Gestank von faulen Eiern und erreichen nach einigen Autominuten am Bergfuß des Namafjall eine karge Mondlandschaft, in der es überall dampft, zischt, blubbert und eben auch fürchterlich müffelt. 

Im Hochtemperaturgebiet Hverarönd kochen Schlammlöcher vor sich hin, Schwefelfontäne steigen gen Himmel. Hier zeigt sich vielleicht am eindrucksvollsten, ein Vulkanausbruch einmal ausgenommen, wie viel Druck unter der Erde Islands herrscht.

Wir folgen der Straße 862 gen Norden, steuern Dettifoss an. Was sich putzig anhört, ist in Wahrheit Europas mächtigster Wasserfall. Der 45 Meter hohe und 100 Meter breite Wasserfalls ist ein wahres Monster. Wahnsinnig viel Geröll, täglich rund 2.400 Eisenbahnwaggons voll, stürzen dort in die Schlucht. Es ist ein Naturschauspiel, das einen sprachlos macht – das ist auch gut so, denn am Dettifoss ist das Donnern der herabstürzenden Fluten sowieso ohrenbetäubend.

Husavik - Islands Walhauptstadt

Am Abend erreichen wir schließlich Husavik – einen 2.300-Seelen-Ort an der Küste. Das Städtchen gilt als die Walhauptstadt von Island. Wer hierher kommt, den zieht es aufs Wasser. Und auch wir brausen mit einem Speedboot bei strahlenden Sonnenschein gegen 21.30 Uhr los und steuern zuert die Insel Lundey an, wo in der Brutzeit zwischen April und August mehr als 200.000 Papageitaucher nisten. Die Vögel umflattern unser Boot, sind neugierig. 

Von einem Nachbarboot erfahren wir per Funk, dass der erste Buckelwal gesichtet wurde. Wir rasen weit in die Skjálfandi-Bucht raus und begeben uns auf eine spannende, wenn auch nasse Wal-Fotosafari. 

Und als wir gegen 23.30 Uhr auf dem Nordatlantik gemächlich dem Sonnenuntergang entgegenfahren (zumindest ist das Anfang Juni im hohen Norden von Island so), sich das Wasser dementsprechend langsam rötlich-orange färbt und dann auch noch eine majestätische Fluke eines Wales aus den Fluten auftaucht, ist die Island-Idylle perfekt.


Diamond Circle vs. Golden Circle

Den Golden Circle kennen viele Island-Urlauber, gerade Stopover-Gäste. Er liegt im Südwesten des Landes und ist vom internationalen Flughafen Keflavik und der Hauptstadt Reykjavik schnell erreichbar. Die Route kombiniert Sehenswürdigkeiten wie den Wasserfall Gullfoss und die Geysire.

Der Diamond Circle higegen ist eine eher unbekannte Route im Norden. Für den Golden Circle benötigen Selbstfahrer einen Tag, für den 250 Kilometer langen Diamond Circle sind mindestens zwei Tage nötig. Passende Ausflüge und Touren für Golden Circle und Diamond Circle bietet beispielsweise der Reiseveranstalter Island Pro Travel an.

Arne Hübner