Wandern in Bergen und Eukalyptuswäldern
Dicke Tropfen hängen silbrig glänzend an den Blättern, der Boden dampft. Nebelschwaden steigen auf, verschleiern das Tageslicht, das nur spärlich durch die dichten Baumkronen dringt. Bei mehr als 30 Grad Celsius erinnert die schweißtreibende feuchte Hitze an Sauna - der Eukalyptuswald duftet wie ein Aufguss. Jeden Mittag regnet es im Inneren von Mauritius kurz und heftig, die Hitze hüllt den Wald danach in dichten Nebel.Ein enger Pfad führt hindurch auf die Spitze eines Bergs, etwa zwei Stunden dauert der Anstieg. "Man gewöhnt sich daran", tröstet Yan de Maroussem lachend. Der 44-jährige Wanderführer stapft mit sicheren Schritten den glitschigen Trampelpfad immer weiter hoch. "Oben wird die Luft wieder besser", verspricht er. Die Baumstämme rechts und links sind hell und glatt, am Laub bedeckten Boden wachsen nur wenige Farne.
Plötzlich piepst es in den Baumkronen, dann ist deutlich ein Flattern in den Blättern zu hören. "Flughunde", erklärt Yan und schaut nach oben. "Die sind hier überall. Das ist ihr Tal, das wir gleich sehen werden."Auf dem rutschigen Untergrund ist der Aufstieg anstrengend. Die Hosenbeine sind mittlerweile nass und braun, das Profil der Wanderschuhe ist kaum noch zu erkennen. Yan geht unbeeindruckt weiter, der Pfad wird schmaler und ist schließlich nur noch ein Eingang zu einer Höhle aus Ästen, Zweigen und Blättern. Geduckt geht es die letzten Meter behutsam Schritt für Schritt voran.
Dann wird es hell, frische Luft strömt in die Lungen. Durchatmen. Der Guide sitzt grinsend auf einem dicken Felsen - direkt vor ihm der Abgrund. Hunderte Meter fällt die Felswand steil hinab in ein Meer aus hellgrünen Blättern. Die Baumkronen sehen aus wie ein flauschiger Teppich in einem Tal, das sich wie eine langgezogene Schneise zwischen zwei knapp 800 Meter hohen Bergen im Südwesten der Insel im Black River Gorges Nationalpark erstreckt. In den Wipfeln hängen tausende Flughunde, die aus der Entfernung wie schwarze Punkte aussehen. Immer wieder fliegen sie auf, ziehen Kreise, formieren sich zu großen Gruppen - ein ganzes Tal haben sie für sich allein. Auch Wanderer kommen selten hierher. Das nur wenige Quadratmeter große Fleckchen am Steilhang ist ein echter Geheimtipp.
Aber auch die anderen Pfade durch den Urwald des Nationalparks sind alles andere als überlaufen. Wer hier wandert, ist stundenlang allein und genießt die Natur. "Immer dem Fluss nach", ruft Yan. Leichter gesagt als getan, denn der Trampelpfad ist von herabhängenden Ästen und umgestürzten Bäumen versperrt. Das Wasser des Black River fließt nur langsam, in seinem flachen Flussbett liegen dicke Steine, Bäume klammern sich an das matschige Ufer, kämpfen um Halt. Ihre riesigen Wurzeln sind vom Wasser freigelegt und bilden kleine Staudämme. Wenn der Pfad unpassierbar wird, geht es im Fluss weiter. Mit großen Schritten von Fels zu Fels, über Baumstämme oder an der flachsten Stelle einfach durch das Nass. Auch die Fahrzeuge der Ranger müssen regelmäßig einige Strecken im Schneckentempo durch den Fluss zurückzulegen.
Knöchelhoch und wasserdicht sollten die Schuhe für eine Entdeckungstour also schon sein. Doch die Mühe lohnt sich, denn wer hätte gedacht, dass man auf Mauritius im dichten Tropenwald unter einem Wasserfall duschen oder auf einem Felsen am glasklaren Fluss picknicken kann?
Daniela Kebel
Black River Gorges
National ParkDas Gelände ist 6574 Hektar groß und befindet sich im Süden der Insel. 1995 gegründet, bleibt der Urwald als Refugium seltener Pflanzen- und Vogelarten erhalten. Der Park liegt zwischen 300 und 800 Metern über dem Meeresspiegel und beherbergt den höchsten Berg von Mauritius: den Piton de la Petite Noire (830 Meter).