Unterwegs vom Atitlan-See nach Chichicastenango
Zielsicher hat der vierjährige Junge den Touristen erspäht. „Maschimon“, sagt er. Zwanzig Quetzales will er dafür, dass er den Gast zu dem Haus bringt, in dem der Maximon von Santiago de Atitlan gerade untergebracht ist. Nach kurzem Handeln liegt der Preis bei zwei Quetzales. Kaum losgelaufen, will ein großer Junge dem kleinen das Geschäft streitig machen. „Der Maximon ist ein Teufel“, sagt er, „da soll man nicht hingehen.“Nach zehn Minuten sind wir bei einem unscheinbaren Haus angekommen. Vor der geöffneten Tür hängt ein Vorhang, im Inneren gibt es Reihen mit brennenden Kerzen. Und da sitzt sie – eine Gummipuppe, die aussieht wie Al Capone persönlich. Vor ihr stehen Blecheimer mit Blumen, in ihrem Schal stecken ein paar Geldscheine. Der berühmte Maximon verkörpert den Apostel Simon und Ma’am, den alten Erdgott der Mayas. Und er kann Wünsche erfüllen, so glauben jedenfalls die Maya-Priester. Durch Opfergaben wird der Maximon stimuliert – während Besucher und Priester ihm in einer Art Sprechgesang mitteilen, wofür er sich einsetzen soll.
Santiago de Atitlan liegt am Atitlan-See im Hochland Guatemalas – an einem See, der sich in einem Vulkankrater gebildet hat. Jahrtausende später entstanden rund um den Kratersee drei neue kleinere Vulkane, die den Atitlan-See, der zu den touristischen Highlights des mittelamerikanischen Landes gehört, nun säumen.
Panajachel, der größte Ort am See, und die Hochlandstadt Chichicastenango sind nur 37 Kilometer voneinander entfernt – doch die Busfahrt dauert knapp zwei Stunden. Chichicastenango ist ruhig und verschlafen – doch donnerstags und sonntags quillt die Stadt über, es ist Markttag. Unterhalb der weißgetünchten Kirche von St. Tomas reiht sich Bude an Bude. An den Ständen finden sich Kitsch und Kunst oft nebeneinander: geschnitzte Masken aus Holz, bunte Wandteppiche und Tischdecken, antike Heiligenfiguren oder kunstvoller Jadeschmuck. Es gibt kaum etwas, was nicht feilgeboten wird. Handeln ist Pflicht.
Chichicastenango hat für die Mayas eine besondere Bedeutung, denn die Kirche St. Tomás wurde auf den Ruinen eines ehemaligen Maya-Tempels errichtet. Die 20 Stufen, die zur Kirche hochführen, entsprechen den 20 Tagen des Maya-Kalenders. Noch heute werden in der Kirche nicht nur katholische Messen, sondern auch Maya-Zeremonien durchgeführt.