Mexiko

Mitten ins Herz

Mexiko: Der Zocalo in Mexiko-Stadt ist so groß wie zehn Fußballfelder

Der Ort könnte kaum besser gewählt sein. Ausgerechnet auf dem Zocalo von Mexiko-Stadt beginnt die Eingangsszene des neuen Bond-Films Spectre. Noch dazu hat sich James Bond einen ganz besonderen Anlass für seinen Besuch ausgesucht: den Tag der Toten, bei dem Horden als Skelett verkleidet über den Platz laufen und mit einem Fest der Verstorbenen gedenken. Etliche Millionen soll sich Mexiko die Filmszenen mit Helikopterüberflug und Skelett-Paraden kosten haben lassen, um das angeschlagene Image der Stadt als Kriminellenhochburg etwas aufzupolieren. 
Dafür gewährt die Stadt einen Blick mitten in ihr Herz. Schließlich ist der Zocalo das Zentrum einer Megametropole, auf dem drei Kulturen eng miteinander verwoben sind. 
Platz mit drei Kulturen
Selten kommt es vor, dass man so eine phänomenale Aussicht auf bedeutende Ereignisse der präkolumbianischen, spanisch-katholischen und mexikanischen Geschichte entspannt beim Frühstück oder bei einem Glas Wein von der Dachterrasse auf sich wirken lassen kann. Das Majestic Best Western und das Gran Hotel Ciudad de Mexico, beides wunderschöne Belle-Époque-Hotels, liegen mit ihren offenen Dachterrassen direkt am Zocalo. 
Und genau hier breitet sich vor den Besuchern die Geschichte Mexikos aus: Im Norden dominiert die mächtige Kathedrale in barocker Fassade, ihr gegenüber regiert die weltliche Macht im Sitz des Bürgermeisters und der Stadtverwaltung. Die komplette Ostseite beherrscht der Präsident mit seinem Nationalpalast. Ganz versteckt zwischen Palast und Kathedrale klafft bis heute eine Wunde, die sich nicht schließt: die freigelegten Reste von Tenochtitlan mit dem Haupttempel der Azteken, dem Templo Mayor, den die Spanier einst zerstörten. 
Großer Platz – ganz leer
Aufgeräumt und leer wirkt der Hauptplatz Mexikos: Ein steinernes Quadrat von 240 auf 240 Meter mit Platz für beinahe zehn Fußballfelder. Keine Bäume, keine Pavillons und keine Bänke zum Ausruhen. Mit dem Auge eines Hurrikans wurde der Platz oft verglichen: einem Ort der Stille inmitten eines lärmenden Molochs von mehr als 20 Millionen Menschen im Großraum. 
Einzig die Nationalfahne von 17 auf 22 Meter lotet die Mitte aus. Eine Million Menschen sollen hier zusammengekommen sein. Der Zocalo war Aufmarschplatz für Militärparaden wie für Demonstrationen. 
In Zeiten, als viele Indigenas weder lesen noch schreiben konnten, waren monumentale Wandgemälde wie die von Diego Rivera im Innenhof des Nationalpalastes von nationaler Bedeutung, denn sie porträtieren die Geschichte des mexikanischen Freiheitskampfes von der Zeit der Eroberung bis zur Gegenwart. 
Über dem Mittelportal an der Außenfassade des Nationalpalastes hängt eine kleine Glocke, die den mächtigen Glocken der Kathedrale manchmal Konkurrenz macht – nicht weil sie lauter schlägt, sondern weil sie für die Freiheit schlägt. Mit ihr verkündete einst Pfarrer Miguel Hidalgo in Dolores die Unabhängigkeit Mexikos. Jedes Jahr am 15. September wiederholt der Staatspräsident eine Stunde vor Mitternacht vom Balkon des Nationalpalastes den Ruf: Viva Mexico! – Es lebe Mexiko! 
Margit Kohl
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