Chile

Gletschereis und Whisky

Die Skorpios II tuckert mit zwölf Seemeilen durch die dünn besiedelste Gegend Chiles

Die Skorpios II tuckert mit zwölf Seemeilen durch die dünn besiedelste Gegend Chiles

Chile: Eine Kreuzfahrt durch die entlegene Inselwelt Patagoniens

Schnödes „on the rocks“ war gestern, wir trinken den Whisky mit Gletschereis!

Schnödes „on the rocks“ war gestern, wir trinken den Whisky mit Gletschereis! Fotos: ah

Ziel der Kreuzfahrt ist ein Gletscher, Transportmittel ist ein eistaugliches Schiff. Im Nieselregen legt die Skorpios II vormittags vom Hafen im südchilenischen Puerto Montt ab. 50 Passagiere nehmen für fünf Tage Abschied von der Zivilisation. Mit zwölf Seemeilen pro Stunde tuckert das Schiff in die dünn besiedelste Gegend Chiles: die Chonos-Region mit 800 Inseln. Das von deutschen Auswanderern 1853 gegründete Puerto Montt verschwindet langsam am Horizont.
Weißbauchdelfine begleiten uns
Die Route der Skorpios führt durch eine malerische Fjordlandschaft. Der Name geht auf die Ureinwohner der Region zurück. Sie waren Nomaden, die im Mittelalter auf dem Chiloe-Archipel lebten. Sie zogen mit Kanus von Insel zu Insel und jagten unter anderem Seelöwen und Delfine. Allerdings wurden die Tiere nicht verzehrt, ihre Haut diente den Nomaden zum Zeltbau. Auch Seetang war nützlich: Daraus bastelten die Jäger und Sammler wärmende Unterwäsche. Die spanischen Eroberer drängten die Chonos immer weiter zurück. Sie starben Mitte des 19. Jahrhunderts aus.

Kapitän Oscar navigiert die Skorpios durch das Chiloe-Archipel. Das Schiff fährt durch ruhiges Gewässer. Das ändert sich kurzzeitig am Golfo Ancud – einer Öffnung zum Pazifik. Am nächsten Morgen ist das Schiff in Puerto Aguirre.

Das verschlafene Fischerdorf liegt inmitten des immergrünen Huichas-Archipels. Der von dichtem Wald umgebene 2.000-Seelen-Ort ist nur über den Wasserweg erreichbar. Passagiere strömen von Bord und erkunden den Ort. Spielende Kinder in verschlissenen, bunten Pullovern nehmen die Ortsfremden an die Hand und führen sie in den Sendero-La Poza-Nationalpark, der herrliche Ausblicke auf die vorgelagerte Inselwelt bietet.

Wieder an Bord führt die Route weiter Richtung Süden. Im Osten ist die alpine Küste Patagoniens zu sehen, im Westen bietet eine sattgrüne Inselwelt Schutz vor dem wütenden Pazifik. Die Estero-Elefantes-Fjordlandschaft ist ein Tierparadies. Öfters folgen dem Schiff neugierige Weißbauchdelfine. Albatrosse fliegen über die Köpfe der Passagiere hinweg. Am Ufer sonnen sich Seelöwen und Otter. Abends ankert das Schiff in der Hualas-Bucht – in der Ferne erhebt sich der höchste Gipfel Patagoniens: der 4.058 Meter hohe San Valentin. Ziel: San-Rafael-Gletscher
Nach dem Frühstück beginnt das Abenteuer Gletscher. Mit Schwimmweste und Pudelmütze geht es bei Temperaturen um den Gefrierpunkt per Tender durch die Meersalzlagune voller azurblauer Eisberge. Fest im Blick: der 60 Meter hohe San-Rafael-Gletscher. 15 Kilometer fließt er, bevor er in die Lagune mündet.

Kapitän Oscar steuert einen Eisberg an, der Barkeeper hackt mit einer Axt Eisstücke ab. Das 30.000 Jahre alte Gletschereis kommt direkt in den zwölf Jahre alten Single-Malt-Whisky. Die Gäste stoßen an und genießen das Schauspiel von herabstürzenden Eisbrocken, die sich Dutzende Meter tief in die Lagune stürzen. Gut, dass wir jetzt leben: In 100 Jahren, so die Schätzungen, ist der San-Rafael-Gletscher verschwunden.

Arne Hübner

Die Skorpios IIDie Skorpios II wurde 1988 gebaut und 2012 renoviert. Abfahrten immer samstags zwischen September und April. Das Schiff bietet Vollverpflegung, hat zwei Open-Bars und 53 Doppelkabinen auf fünf Decks. Buchungen über Boomerang, Karawane, Miller sowie Lernidee Reisen und anderen. Informationen unter www.skorpios.cl.